Ein wichtiger Oppositionspolitiker wurde ermordet, darauf protestierten Tausende Tunesier. Der Mord machte offensichtlich, was im Untergrund schwelte: Die tunesische Gesellschaft ist geteilt.
Der Riss geht nicht nur durch die Gesellschaft, auch in der Partei Ennahda selber ist ein Streit entbrannt. Die islamistische Partei wurde demokratisch gewählt und regiert das Land seit dem Sturz des Diktators Ben Ali. Vor zwei Jahren wurde dieser verjagt. Heute fragen sich viele: Wohin wollen wir? Soll Tunesien ein liberaler oder streng islamischer Staat werden?
Richtungswechsel erzwingen
Der Ministerpräsident Hamadi Jebali droht nun mit dem Rücktritt. Er gilt als moderat. Er will nicht mehr regieren, wenn seine Partei Ennahda seinen Plänen im Wege steht. Jebali will Experten in der Regierung einsetzen, Menschen, die keiner Partei angehören. Schon bis Mitte Woche will er eine Liste mit Kandidaten vorlegen.
Wenn die Verfassungsversammlung seinen Vorschlägen folge, bleibe er im Amt, so Jebali. Andernfalls werde er sein Amt abgeben.
Der Parteichef Rachid Ghannouchi lehnt aber eine solche Regierung ab. Viele aus der Partei stehen ihm, konservative Leute, die den Verbund der Partei mit den extrem religiösen Salafisten befürworten.
Koalitionspartner springt ab
Jebalis Pläne stossen nicht nur in seiner eigenen Partei auf Widerstand. Auch die beiden kleineren, nicht-islamistischen Koalitionspartner kritisieren Jebali. Das Vorhaben sei nicht mit ihnen nicht abgesprochen worden, bemängeln sie.
Die weltlich orientierte Partei Kongress für die Republik (CRP) von Präsident Moncef Marzouki zieht nun die Konsequenzen und kündigt die Koalition mit Ennahda auf.
Jebali hatte seit Wochen versucht, sich mit der CRP und dem dritten Koalitionspartner auf ein neues Kabinett zu verständigen. Die CRP hatte dabei für sich das Justiz- und das Aussenministerium beansprucht.