«Ich möchte Ihnen mitteilen, dass der Polizist entlassen wurde.» Dies sagte Keith Summey, Bürgermeister von North Charleston, heute vor den Medien. Er reagiert damit auf den neusten Fall von Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA vom vergangenen Samstag Morgen, als ein weisser Polizist einen 50jährigen Familienvater mit mehreren Schüssen in den Rücken getötet hatte. Dafür wurde der Beamte bereits des Mordes angeklagt.
Aus Todesangst geschossen ...
Der 33-Jährige hat ausgesagt, er habe um sein Leben fürchten müssen und deshalb geschossen. Denn der Afroamerikaner habe ihm bei einer Verkehrskontrolle seine Elektroschock-Waffe entrissen.
... oder von hinten auf einen Flüchtenden?
Ein Video eines Passanten zeigt indessen eine ganz andere Version. Den Film hat unter anderen die «New York Times» auf ihrer Internetsite publik gemacht. Es zeigt, wie der Polizist dem Mann mehrfach in den Rücken schiesst, während dieser zu fliehen versucht.
Tweet der New York Times
Laut der Zeitung feuerte der Beamte acht Mal auf den offenbar unbewaffneten Schwarzen. Szenen im Video könnten zudem darauf hindeuten, dass der Beamte anschliessend seine Elektroschock-Waffe neben dem Toten fallen liess.
Wegen Bagatelle angehalten
Gemäss Medienberichten war der Schwarze angehalten worden, weil eines der Rücklichter an seinem Auto nicht funktionierte. Die Familie des Opfers äusserte sich nach der Festnahme des Polizisten an einer Medienkonferenz und lobte den «Helden», der das Video aufgenommen hatte. «Wenn es kein Video gäbe, würden wir je die Wahrheit erfahren?», sagte der Bruder des Toten.
Bürgermeister Keith Summey sprach in der Lokalzeitung «The Post and Courier» von einer «falschen Entscheidung» des Polizisten. Damit müsse der Beschuldigte nun leben.
Bei Mord Todesstrafe möglich
Sollte der Polizist wegen Mordes verurteilt werden, so droht ihm die Todesstrafe. Der Vorfall könnte die angespannte Lage in den USA vor dem Hintergrund mehrerer tödlicher Polizeischüsse auf Schwarze noch verschärfen.
Weisse Polizisten haben in jüngster Vergangenheit für grosse Empörung gesorgt: So war es in Ferguson (Missouri) zu tagelangen Unruhen gekommen, nachdem ein Beamter den unbewaffneten afroamerikanischen Teenager Michel Brown erschossen hatte.
Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA
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Bild 1 von 8. Im Februar 2004 töteten Polizisten in New York den afrikanischen Einwanderer Amadou Diallo vor seinem Appartment mit 41 Schüssen. Sie hatten ihn mit einem gesuchten Serienvergewaltiger verwechselt. Die vier beteiligten Polizisten wurden von einer Jury aus schwarzen und weissen Geschworenen freigesprochen, in New York am es zu Ausschreitungen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 8. Im November 2006 kam es zu heftigen Protesten, nachdem wiederum in New York der unbewaffnete Afroamerikaner Sean Bell von Polizisten erschossen worden war. Er hatte nach dem Verlassen einer Bar im Auto mit Freunden einen Polizeiwagen gerammt. Drei Polizisten wurden angeklagt und freigesprochen. Die Polizei zahlte eine Millionen-Entschädigung. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 8. Ausschreitungen bei Protesten gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt in Kalifornien: Ein Polizist hatte im Januar 2009 den unbewaffneten und von anderen Polizisten am Boden fixierten Oscar Grant mit einem Schuss in den Rücken getötet. Der Beamte wurde lediglich wegen fahrlässiger Tötung verurteilt und bereits nach elf Monaten Haft entlassen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 8. Im August 2014 sorgte der Tod des 18-jährigen Afroamerikaners Michael Brown in Ferguson im US-Bundesstaat Missouri weltweit für Schlagzeilen. Ein weisser Polizist hatte zwölf Mal auf den Schüler geschossen. Nachdem die Grand Jury entschieden hatte, kein Verfahren zu eröffnen, kam es zu gewaltsamen Protesten und nächtlichen Ausgangssperren. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 8. Im Dezember 2014 wurde der vierfache schwarze Familienvater Rumain Brisbon in Phoenix (Arizona) nach einer Polizeikontrolle erschossen, weil er seine Hand nicht aus der Hosentasche nehmen wollte. Darin waren Tabletten und keine Waffe. Auch sein Tod führte zu einer landesweiten Protestwelle. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 8. Im März 2015 erschoss ein weisser Polizist bei Atlanta (Georgia) einen möglicherweise geistig verwirrten nackten Schwarzen, der an Haustüren geklopft haben soll. Laut Polizei lief er auf einen Beamten zu, der zwei Schüsse abfeuerte. Bereits während der noch laufenden Untersuchungen zum Tathergang kam es zu Protesten. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 8. «Wie viele noch?» – Auch nach dem Tod des fünffachen Familienvaters Walter Scott in North Charleston im April 2015 gibt es Proteste gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt. Ein Handy-Video widerlegt die Aussage des Polizisten, er habe nach einer Verkehrskontrolle in Notwehr gehandelt. Offensichtlich schoss er von hinten auf den Flüchtenden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 8. Nach dem Tod eines 25-jährigen Schwarzen kommt es in Baltimore zu schweren Ausschreitungen. Der junge Mann war im Polizeigewahrsam verletzt worden und später gestorben. Bildquelle: Reuters.