Soad, die Aufseherin, klingelt zur Nachtmittagsschicht. 600 Flüchtlingskinder stehen ein auf dem Pausenhof der Omar-Zanni-Schule in einer Beiruter Vorstadt. Es sind Erst- bis Achtklässler. Immer am Nachmittag, wenn die libanesischen Kinder nachhause gehen, kommen die syrischen Flüchtlinge, sagt die Schulleiterin.
Heizung gibt's in der Klasse der Sechsjährigen keine. Aber erste Englischvokabeln. Und eine engagierte Lehrerin. Im Gang neben den Landschaftsbildern der Fünftklässler hängt eine Tafel der Sponsoren. Vor allem die Europäische Union zahlt für die Nachmittagsschule. Seit die syrische Flüchtlingskrise auch in Europa Schlagzeilen macht, erhalten die Nachbarländer wieder mehr Geld.
Nur jedes zweite Flüchtlingskind kann zur Schule
Aber es ist noch immer viel zu wenig. Nur die Hälfte der syrischen Flüchtlingskinder in Libanon geht in eine Schule wie diese. Weil es zu wenig Plätze gibt, weil die nächste Schule zu weit weg ist. Oder weil die Kinder schlicht ihren Eltern helfen müssen, beim Arbeiten, Betteln, um die Miete zu bezahlen, fürs Essen.
Zusammen mit zwei andern Müttern wartet Rima vor dem Schulhof. Sie kommt aus einer Vorstadt von Damaskus. Ihnen wurde die Nahrungsmittelhilfe gekürzt. Sie sind froh, dass wenigstens die Kinder hier beschäftigt sind.
Sie hoffen, dass dieser Krieg endlich aufhört. Egal wie. Tariq el Jedid heisst das Quartier, sunnitisch geprägt, hinter einem grossen Verkehrskreisel, wo klapprige Minibusse und Sammeltaxis Richtung Süden abfahren. Zu Anfang gab es hier grosse Unterstützung für die syrische Rebellion gegen das Assad-Regime. Und Solidarität für die syrischen Flüchtlinge.
Das ist lange her. Ein libanesischer Automechaniker wettert über die Syrer, die bereit seien, zum halben Preis zu arbeiten und ihm damit alle Kunden wegnähmen.
Für Syrer gelten verschärfte Einreisebestimmungen
Die libanesischen Behörden haben die Einreisebestimmungen für syrische Flüchtlinge drastisch verschärft. In Syrien bombardiert das Regime Wohnquartiere in den aufständischen Gebieten. Rebellen haben sich dort verschanzt.
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Sie werden angeführt von islamistischen Extremisten. «Wir sind sehr erschöpft», sagt der Gemüsehändler nur noch. Am Fernseher im Café analysiert ein Militärexperte die Lage. Die Assad-Truppen sind gleich an mehreren Fronten auf dem Vormarsch. Dies dank der massiven russischen Luftunterstützung.
Das Regime sucht offensichtlich die militärische Entscheidung. Doch könnte Assad die aufständischen Landesteile tatsächlich wieder unter Kontrolle bringen, die er jetzt bombardiert und bombardieren lässt. Eins ist sicher: Die Rebellion ist führungslos, sagt der Parkwächter, ein Druse aus dem Süden Syriens.
«Verständigung zwischen Regime und Rebellen nötig»
Es gibt mehrere hundert Rebellengruppen unter dem Einfluss der sunnitischen Regionalmächte Türkei, Katar und Saudi-Arabien. Wo ist da der glaubwürdige Partner für Verhandlungen?
Der Freund des Parkplatzwächters ist Kurde aus dem syrischen Norden. Er sagt: «Iran unterstützt das Regime, Saudi-Arabien die Rebellen. Es braucht eine Verständigung zwischen den beiden. Anders ist Syrien nicht zu stabilisieren.»