«Why the Internet Isn't Fun Anymore» hat letztes Jahr das US-Magazin «The New Yorker» getitelt. Und die Zeitschrift «The Atlantic» stellte fest: «We Finally Have Proof That the Internet Is Worse». 2023: Das Jahr, in dem viele Beobachterinnen und Beobachter feststellten, dass mit dem Internet etwas nicht mehr stimme.
Und wer im letzten Jahr nach Gründen suchte, mit dem Internet unzufrieden zu sein, der oder die konnte viele davon finden. Bei X etwa, dem Kurznachrichtendienst, der früher Twitter hiess. Nach der Übernahme durch Elon Musk sorgte er das ganze Jahr über für Schlagzeilen – die wenigsten davon waren gut.
Sind die grossen Plattformen am Ende?
Auch soziale Netzwerke wie Facebook oder Instagram hatten damit zu kämpfen, dass sich ihre Nutzerinnen und Nutzer dort je länger, umso weniger zu Hause fühlen. Oft führen sie ihre Konten bloss noch aus Gewohnheit. Und selbst von Plattformen wie Google oder Amazon hiess es, sie hätten ihren Zenit wohl überschritten.
Die Onlinewelt befinde sich im Umbruch, stellt denn auch Sophie Mützel fest, Professorin für Soziologie mit Schwerpunkt Medien und Netzwerke an der Universität Luzern: «Wir befinden uns in einer Übergangsphase.» Als Beobachterin sei das zwar spannend, aber «als Nutzerin dieser Plattform ist es weniger interessant, sondern vorrangig anstrengend».
Die Onlinewelt ist berechenbarer geworden
Es scheint, als sei das Geschäftsmodell an ein Ende gekommen, nach dem grosse Teile des Internets bisher funktioniert haben: Plattformen und Dienste sind gratis, dafür werden Daten von uns gesammelt und wir bekommen personalisierte Werbung zu sehen. Werbung also, die genau auf uns zugeschnitten ist.
Dieses Geschäftsmodell lasse die Onlinewelt immer berechenbarer und langweiliger werden, stellt Sophie Mützel fest: «Das ist ja auch eine Klage, die man in den vergangenen Monaten und Wochen verstärkt gehört hat: dass es das Zufällige, das Lustige nicht mehr gebe, das früher im Internet zu finden gewesen sei.»
Das Internet fragmentiert sich
Fest steht: Die Unzufriedenheit mit den grossen Plattformen hat im letzten Jahr klar zugenommen. Mit dem Resultat, dass sich viele Leute eine neue Heimat suchen – Kurznachrichtendienste wie Mastodon oder Bluesky etwa, die seit Elon Musks Übernahme als Nachfolger von Twitter oder X gehandelt werden. Damit fragmentiert sich die Onlineerfahrung: Es gibt zwar so viele Inhalte wie nie zuvor, doch kaum mehr ein Publikum, das diese Inhalte gemeinsam konsumiert und diskutiert.
Algorithmen wie der von Tiktok fördern diese Fragmentierung noch zusätzlich: Schon nach wenigen Klicks drängt uns der Algorithmus in eine Nische und zeigt uns nur noch die Videos, von denen er meint, dass sie uns gefallen. Sophie Mützel stellt deshalb fest: «Es ist schwierig, bei Plattformen wie Tiktok eine gemeinsame Unterhaltung zu finden oder zu erkennen, was für jemand anderes dort wichtig ist, vielleicht auch im Offlineleben.»
Wir sind deine Korrespondenten aus der digitalen Welt. Ist ein Chip drin oder hängt es am Internet? Wir berichten wöchentlich. Smartphones, soziale Netzwerke, Computersicherheit oder Games – wir erklären und ordnen Digitalisierungs-Vorgänge ein, seit 2006
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«Nobody Knows What's Happening Online Anymore» war im letzten Jahr darum auch eine Schlagzeile – niemand weiss mehr, was im Internet eigentlich vor sich geht. Und es sieht danach aus, dass sich die Onlinewelt auch im neuen Jahr weiter fragmentieren wird. Wer weiss, vielleicht endet dann tatsächlich die Zeit der grossen, werbefinanzierten Plattformen. Bloss was sie ersetzen wird und wie dieses Neue sich finanzieren wird, das weiss noch niemand.