Israel weitet die Bodenoffensive auf Hamas-Ziele auf den ganzen Gazastreifen aus. Für die Menschen in dem Gebiet wird die Lage noch schwieriger, wie SRF-Korrespondentin Susanne Brunner berichtet.
Wie ist die Lage im Süden des Gazastreifens?
Die israelischen Streitkräfte haben vor allem die Stadt Chan Yunis sowie Rafah am geschlossenen Grenzübergang zu Ägypten bombardiert. Palästinensische Quellen melden rund 700 Tote in 24 Stunden, israelische Quellen nennen halb so viele. Verifizieren lässt sich die Zahl der Toten nicht – inzwischen sterben im Gazastreifen auch immer mehr Menschen an Krankheiten und an den Folgen von Hunger, Durst und Erschöpfung. Tatsache ist: Der grösste Teil der Bevölkerung des Gazastreifens befindet sich inzwischen im südlichen Teil. Und wenn Israel eine Stadt wie Chan Yunis bombardiert, dann gibt es fast kein Ausweichen vor den Bomben. Dort lebten vor dem Krieg 400'000 Menschen, Zehntausende Flüchtlinge aus dem Norden sind inzwischen hinzugekommen. Zwar fordert die israelische Armee die Bevölkerung dazu auf, in andere Stadtteile oder Ortschaften zu flüchten, doch das ist kaum möglich.
Was bedeutet die Bodenoffensive Israels?
Eine solche ist auch für die israelischen Soldaten und Soldatinnen mit erheblichen Risiken verbunden. Eine Bodenoffensive bedeutet Häuserkampf sowie Kampf um die unterirdischen Tunnels, in denen sich die Hamas-Leute besser auskennen als die israelischen Soldaten. Vor allem ist die Gefahr gross, jeden Palästinenser, jede Palästinenserin als Terroristen zu betrachten und zu töten. Das wird die Bevölkerung erst recht gegen die Israeli aufbringen. Eine solche Bodenoffensive ist ein Morast, aus dem sich Israel monate-, vielleicht jahrelang nicht herausziehen kann – das gibt sogar die israelische Regierung zu. Zieht Israel diese Bodenoffensive wirklich durch, dann muss sich das Land auf viele getötete Soldaten einstellen.
Ist eine Bodenoffensive für Israel zielführend?
Einziges deklariertes Ziel von Regierung und Armee ist, die Hamas im Gazastreifen zu eliminieren – mitsamt ihren Waffen und ihrem gesamten Kampfpotenzial. Das ist vielleicht sogar möglich, aber es wird ein sehr blutiger Kampf. Ausserdem ist damit zu rechnen, dass es nach der Hamas neue Terrorgruppierungen geben wird – befeuert von der Gewalt, die Israel der Bevölkerung von Gaza angetan hat. Ausserdem ist völlig unklar, was nach dem Krieg mit der Bevölkerung des Gazastreifens geschehen, wer dort das Sagen haben und wie der jahrzehntealte Israel-Palästina-Konflikt einer Lösung näher gebracht werden soll. Es ist völlig unklar, was die israelische Regierung hier vorhat.
Gibt es noch Verhandlungen?
Katar – das schon die Waffenruhe letzter Woche verhandelt hat – bemüht sich um weitere Verhandlungen, ebenso die USA. Auch Israel zeigt sich offen für Verhandlungen, mindestens über eine neue Waffenruhe. Aber gleichzeitig wirft Israel der Hamas vor, sich nicht an die Bedingungen der Waffenruhe gehalten zu haben. Und: Auch Verhandlungen würden Israel nicht davon abhalten, sein Kriegsziel zu erreichen, die Hamas zu eliminieren.