Sonntagabend in Tel Aviv: Eine kleine Gruppe demonstriert lautstark auf der stark befahrenen Kreuzung vor dem Bahnhof HaShalom. «Rafah jetzt!», rufen sie und schwenken Plakate, mit welchen sie an die Gräueltaten der Hamas am 7. Oktober erinnern.
Die Frau, die ins Megafon ruft und lautstark eine Grossinvasion von Rafah im Gazastreifen fordert, heisst Limor. «Wir müssen den Krieg in Rafah weiterführen, um die Hamas auszulöschen», sagt sie. Das wolle die Welt einfach nicht verstehen.
«Die Welt versteht uns nicht: Sie unterstützt die Hamas. Und die Hamas tötet unsere Kinder!», fährt Limor fort. Tausende Hamas-Kämpfer würden sich in Rafah verstecken. Nur mit einer Grossinvasion könne die israelische Armee ihr Kriegsziel erreichen – die Hamas auszulöschen.
«Präsident Biden will uns diese Invasion verbieten. Er will uns kontrollieren!», empört sich Limor. Dass eine Grossinvasion in Rafah auch eine Zivilbevölkerung von mehr als einer Million Menschen treffen würde, nimmt sie dabei in Kauf.
Auch palästinensische Zivilisten beteiligt
Zwar will Limor nicht, dass diese Menschen getötet werden. Aber: «Auch Zivilisten aus Gaza haben sich am Massaker vom 7. Oktober beteiligt», sagt sie. Das bestätigte die Hamas selbst im Oktober auf der Plattform Telegram. «Sie halfen der Hamas, Juden und Jüdinnen zu töten und zu vergewaltigen», so Limor.
Die israelische Armee könne im Zuge einer Grossinvasion auch die Geiseln befreien, falls diese überhaupt noch am Leben seien, fügt sie noch an.
Jeden Sonntag demonstriert diese kleine Gruppe in Tel Aviv für eine Grossinvasion von Rafah. Sie ist eine Randerscheinung, vor allem neben den wöchentlichen Grossdemonstrationen für eine Waffenruhe und die bedingungslose Freilassung aller Geiseln.
Und trotzdem teilt eine Mehrheit der israelischen Bevölkerung die Meinung Limors und der kleinen Gruppe von Demonstrierenden in Tel Aviv: Die Hamas müsse ein für alle Mal ausgelöscht werden.
Ratlosigkeit in Ashdod
In Ashdod, einer Stadt in der Nähe des Gazastreifens, mussten die Menschen erst vor ein paar Tagen wieder vor den Raketen der Hamas in ihre Luftschutzkeller flüchten. Und das, obwohl Israel seit bald sechs Monaten Krieg führt im Gazastreifen.
Der dort lebende Familienvater Ben – er kommt gerade vom Einkaufen – weiss nicht, was er zur geplanten Grossoffensive von Rafah sagen soll: «Ich sehe einfach keine Lösung. Es gibt erst eine Lösung, wenn sie ihre Waffen ablegen.»