Auf der zentralen Piazza del Popolo in Rom, dem Platz des Volkes, warten Tausende Männer und Frauen geduldig, im Hintergrund läuft eingängige Musik – Canzoni, die hier jede und jeder kennt.
Die Parteichefs von Forza italia, Lega und Fratelli d'Italia verspäten sich um eine ganze Stunde. Doch das stört niemanden. Alle wollen nochmals hören, was Forza-Chef Silvio Berlusconi, Lega-Chef Matteo Salvini und Fratelli-Chefin Giorgia Meloni zu sagen haben.
Viele der Anwesenden sind wegen Meloni hier, der Spitzenkandidatin im rechten Lager. Nur sie könne dafür sorgen, dass sich endlich etwas ändere im Land, sagt der 73-jährige Matteo.
Viele Fahnen der Fratelli d'Italia
«Cambiamento» – Veränderung – ist den Anhängerinnen und Anhängern der Rechtsparteien besonders wichtig. Sie haben genug von den linken Regierungen und parteiübergreifenden Regierungen, die von Technokraten und Experten geführt werden. Wie jene von Mario Draghi.
Ich will ein Italien, in dem hart arbeitende Menschen nicht verarmen, nur weil der Staat übermässig viele Steuern verlangt.
Auf der Piazza del Popolo werden auffällig viele Fahnen der postfaschistischen Fratelli d'Italia geschwenkt. Mitorganisiert von Maria Grazia Cacciamani, eingeschriebenes Parteimitglied und langjährige Weggefährtin von Giorgia Meloni. «Giorgia hat es verdient als erste Frau des modernen Italiens Regierungschefin zu werden», sagt sie.
Meloni sei kohärent geblieben, habe nie die Meinung gewechselt, sei ihren konservativen Positionen loyal geblieben, sei in ihrer Haltung seit Jahren ehrlich.
Den Anhängerinnen und Anhängern von Meloni ist das wichtig, wie auch die 57-jährige Elisabetta betont. Sie stammt aus einer Römer Richter-Familie. Für sie ist eine Frau an der Spitze der Regierung Nebensache. Wichtig sei die klare Haltung.
Der grosse Moment ist da
Und dann ist er da, der Moment, auf den Tausende gewartet haben: Auf der grossen Bühne stehen Meloni, Berlusconi und Salvini. Alle drei hoffen am Sonntag auf einen überwältigenden Sieg. Das deckt sich mit den Umfragen bis vor wenigen Tagen.
Der bald 86-jährige Berlusconi steht von einer Corona-Erkrankung gezeichnet, etwas unsicher auf den Beinen. Er stellt sich schon fast staatsmännisch hinter das Rednerpult. «Ich will ein Italien, in dem hart arbeitende Menschen nicht verarmen, nur weil der Staat übermässig viele Steuern verlangt», ruft er der Menge zu.
Und dann tritt Salvini auf die Bühne, winkt ins Publikum, verteilt Küsse. Er spricht die Tausenden von Anwesenden direkt an und verspricht, er wolle Italien und die Italiener schützen: Schützen vor zu vielen Flüchtlingen, die ins Land strömen, schützen vor der Einmischung aus Brüssel, vor den EU-Bürokraten. Das sind Themen, die auf der Piazza del Popolo in Rom für Applaus sorgen.
Meloni rechnet mit Wahlsieg
Aus dem Publikum erhebt sich ein lauter Chor: Alle rufen «Giorgia, Giorgia». Die Chefin der postfaschistischen Fratelli d'Italia betritt die Bühne. Sie ringt mit den Emotionen und nach den richtigen Worten. Doch dann legt sie los: in bekannter Manier. Mit lauter Stimme hämmert sie auf den politischen Gegner ein.
Die politische Linke sei radikal, wutentbrannt und gewalttätig. Dieses linke Italien gehe am Sonntag zu Ende, ruft Meloni dem Publikum zu.
Sagt's und winkt ins Publikum. In der Überzeugung, dass sie zur ersten Regierungschefin Italiens gewählt wird und fünf Jahre lang mit den anderen rechten Parteien das Land regieren kann.