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Jens Stoltenberg tritt ab – eine Bilanz
Aus Rendez-vous vom 30.09.2024. Bild: REUTERS/ NTB/Thomas Fure
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Jens Stoltenberg Der Trump-Bändiger bei der Nato geht

So zurückhaltend der Norweger Jens Stoltenberg stets auftrat, so entschlossen wirkte er für die Nato als deren Generalsekretär. Mit seinem Abtritt wird er als einer der weltpolitisch prägendsten Politiker gewürdigt. Das hängt auch damit zusammen, dass die Nato wieder äusserst bedeutsam geworden ist.

Kurz vor seinem Abgang erzählte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg eine Anekdote. Er habe, bevor er vor zehn Jahren für den Posten zusagte, Rat geholt bei seinem Vater Thorvald, einem ehemaligen norwegischen Verteidigungsminister: «Und er hat mir gesagt: Bei der Nato sei halt nicht so viel los.»

Es sollte anders herauskommen. Unter Jens Stoltenberg vollführte die Militärallianz eine Kehrtwende. Eine Wende zurück zur Fokussierung auf Russland als Feind. Schuld daran sei einzig Russland. Die neue Aufgabe der Nato ist auf einmal wieder die alte – bloss unter noch schwierigeren Umständen.

Fehlschlag in Afghanistan

Unter Stoltenberg fand auch der Nato-Rückzug aus Afghanistan statt. «Was eine Demokratie hätte werden sollen, entpuppte sich als Kartenhaus», räumt er heute ein und sagt: «Die Aufgabe war zu gross für die Nato.»

Seit Jahren mahnt er nun hartnäckig die Europäer, mehr zu tun für die Verteidigung. Gleichzeitig beschwört er die Amerikaner, in Europa militärisch präsent zu bleiben.

Mann in Anzug spricht vor NATO-Logo.
Legende: Zehn Jahre lang stand Jens Stoltenberg an der Spitze des mächtigsten Verteidigungsbündnisses der Welt. REUTERS/Darrin Zammit Lupi

Genau das stand unter Präsident Donald Trump auf der Kippe. Bei einem Frühstück in Brüssel gelang es Stoltenberg, Trump vom Nato-Austritt abzubringen. Dafür musste er ihm schmeicheln, ihm in weiten Teilen beipflichten. «Warum tun die Europäer jetzt mehr?», unterbrach Trump damals Stoltenberg. Dieser antwortete: «Das ist ihrer Forderung zu verdanken.»

Der Kniefall vor dem Egomanen war schmerzhaft mitanzusehen. Er hat aber wohl die Nato gerettet. Das machte Stoltenberg für das Bündnis unverzichtbar. Seine Amtszeit wurde ein ums andere Mal verlängert.

Lob vom US-Präsidenten

Und jetzt ertönt das Lob fast unisono. US-Präsident Joe Biden sagte auf dem jüngsten Nato-Gipfel, welch grosse Stücke er auf ihn hält: «Er ist ein integrer, herausragender Diplomat, der immer einen Weg nach vorn findet.»

Stoltenberg als ruhender Pol in turbulenten Zeiten. Dabei stets zurückhaltend. Es gab kaum Langweiligeres als seine Pressekonferenzen. Ihm war stets bewusst: Er konnte nur Positionen vertreten, hinter denen die mächtigsten Regierungschefs der Nato-Mitglieder standen. Wollte ihn jemand mit hartnäckigen Nachfragen aus der Reserve locken, sagte er einfach ein zweites, ein drittes Mal dasselbe. Ruhig und höflich.

Stoltenberg bleibt sichtbar

Als persönlichen Höhepunkt erlebte der 65-jährige Norweger den Nato-Beitritt der ehemals neutralen Staaten Finnland und Schweden: «Das stärkt die Nato und bringt mehr Sicherheit.» Aus dem ehemaligen linken Friedensaktivisten war längst ein überzeugter Verfechter des westlichen Militärbündnisses geworden.

Nun geht er. Zunächst will er ein Buch schreiben. Im Lauf des nächsten Jahres übernimmt er den Vorsitz der Münchner Sicherheitskonferenz. Stoltenberg bleibt also sichtbar.

Rendez-vous, 30.9.2024, 12:30 Uhr;stal

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