- Liz Truss wird Nachfolgerin des amtierenden britischen Premierministers Boris Johnson.
- Das hat die Parteibasis der konservativen Partei entschieden.
- Aussenministerin Truss hat sich gegen den ehemaligen Finanzminister Rishi Sunak durchgesetzt.
Die rund 175'000 Parteimitglieder konnten in den vergangenen Wochen per Brief oder online abstimmen, wer die neue Regierung anführen und in die Downing Street 10 einziehen wird. Dabei setzte sich die neue Premierministerin mit rund 81'000 Stimmen gegen Rishi Sunak, der etwa 60'000 Stimmen erhielt, durch.
Nach der Verkündung der Siegerin findet bereits am Dienstag der Wechsel an der Spitze der britischen Regierung statt. Boris Johnson wird sich ein letztes Mal als Premier an die Bevölkerung wenden und danach von der Queen in Schottland aus dem Amt entlassen werden.
Die Politik der neuen Premierministerin
Truss wird dem rechten Flügel der konservativen Partei zugeordnet. Die 47-Jährige konnte im innerparteilichen Wahlkampf vor allem mit dem Vorhaben überzeugen, trotz enorm hoher Inflation sofort die Steuern senken zu wollen.
Ausserdem sammelte sie bei der Parteibasis – die deutlich älter, männlicher und wohlhabender ist als der Durchschnitt der britischen Bevölkerung – Punkte mit einer konfrontativen Linie gegenüber der EU und populistischen Äusserungen zu Flüchtlingen, Linken, Umweltaktivisten sowie gesellschaftlichen Minderheiten.
Liz Truss und ihre Vorgängerinnen und Vorgänger
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Bild 1 von 16. Am 5. September wurde Liz Truss als neue Premierministerin gewählt. Die Anhängerin der konservativen Partei war zuvor als Aussenministerin tätig und setzte sich gegen den ehemaligen Finanzminister Rishi Sunak im Duell um das Amt an der Downing Street durch. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 16. Boris Johnson war Liz Truss' direkter Vorgänger. Im Zuge der Brexit-Bewegung kam der ehemalige Bürgermeister Londons an die Macht. Die Amtszeit Johnsons (2019-2022) war nicht frei von Skandalen, unter anderem soll er an illegalen Partys an der Downing Street während der Pandemie teilgenommen haben. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 16. Vor Boris Johnson war Theresa May an der Macht (2016-2019). Sie musste für ihr Land die Austrittsverhandlungen mit der EU führen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 16. David Cameron von den Konservativen regierte ab 2010 zuerst in einer Koalition mit den Liberalen, bei den Wahlen 2015 holte seine Partei dann die alleinige Mehrheit der Parlamentssitze. Nach dem Brexit-Entscheid gab er seinen Rücktritt bekannt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 16. Gordon Brown war nicht so lange wie seine direkten Vorgängerinnen und Vorgänger an der Macht. Brown übernahm 2007 und musste 2010 sein Amt als Premierministers nach einer deutlichen Wahlniederlage wieder abgeben. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 16. Nach langer Abstinenz von der Macht führte Tony Blair Labour zurück in die Regierungsverantwortung – und Grossbritannien 2003 in den Irak-Krieg. Blair blieb bis 2007. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 16. Vor Blair kam 1990 John Major, ein Konservativer. Major blieb sieben Jahre Premierminister, bevor er nach den Wahlen 1997 die Macht an Labour abgeben musste. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 16. «Eiserne Lady» und Premierministerin mit langem Atem. Margaret Thatcher von den Konservativen war von 1979 bis1990 an der Macht. Sie war die erste Frau, die das Amt bekleidete. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 16. Labour-Politiker James Callaghan mit seiner Frau vor seinem Amtssitz an der Downing Street 10 unmittelbar nach seiner Ernennung zum Premierminister 1976. Callaghan konnte die Regierungsgeschäfte drei Jahre lang führen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 16. Premierminister Harold Wilson bei einer Rede im Europarat in Strassburg 1976. Der Labour-Mann war von 1964-1970 sowie von 1974-1976 an der Macht. Bildquelle: Keystone.
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Bild 11 von 16. Der konservative Premierminister Edward Heath (Mitte) bei der Unterzeichnung des EU-Beitrittsvertrags 1972 in Brüssel. Heath führte die Regierung von 1970 bis 1974 an. Bildquelle: Keystone.
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Bild 12 von 16. Nur ein Jahr lang durfte Alec Douglas-Home (links) regieren (1963-64), bevor die Konservativen die Wahlen gegen die Labour-Partei verloren. Bildquelle: Keystone.
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Bild 13 von 16. Harold Macmillan war in den 50er-Jahren der dritte konservative Premierminister in Folge. Er übernahm 1957 und blieb sechs Jahre im Amt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 14 von 16. Der konservative Premier Anthony Eden (links) mit seinem französischen Amtskollegen Guy Mollet bei Gesprächen in Paris. Eden übernahm das höchste Regierungsamt 1955, blieb aber nur bis 1957 Premierminister. Bildquelle: Keystone.
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Bild 15 von 16. Der konservative Premierminister Winston Churchill war gleich zweimal an der Macht. Er führte Grossbritannien durch den Zweiten Weltkrieg (Premier von 1940-45) und zog 1951 erneut für vier Jahre an der Downing Street ein. Bildquelle: Keystone.
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Bild 16 von 16. Wir schliessen unsere Galerie mit Clement Attlee, der zwischen den zwei Amtsperioden Winston Churchills im Amt war. Die Parlamentswahlen 1945 brachten einen Regierungswechsel und Labour-Politiker Attlee an die Macht. Er blieb Premierminister bis 1951. Bildquelle: Keystone.
Boris Johnson war Anfang Juli unter massivem Druck aus seiner Fraktion und dem Kabinett vom Amt des Parteichefs zurückgetreten. Der Premierminister hatte zuvor mit einem Skandal nach dem anderen zu kämpfen, unter anderem wird Johnson auch vorgeworfen, an illegalen Partys an der Downing Street während der Pandemie teilgenommen zu haben. Ein Comeback des abgelösten Premiers ist trotzdem nicht ausgeschlossen, noch immer geniesst Johnson eine starke Unterstützerbasis innerhalb der Partei.
In das Rennen um die Nachfolge von Boris Johnson waren gleich mehrere britische Minister und Ministerinnen sowie ehemalige Regierungsmitglieder eingestiegen. Sunak und Truss setzten sich in mehreren Abstimmungsrunden der konservativen Abgeordneten durch, mit dem besseren Ende für Liz Truss.
Grosse Herausforderungen für Liz Truss
Liz Truss sieht sich zu Beginn ihrer Amtszeit mit einigen Problemen konfrontiert. Aussenpolitisch ist die 47-Jährige eine Verfechterin des harten Brexits. Zweiflerinnen und Zweifler haben die Befürchtung einer weiteren Verhärtung der Fronten zwischen Grossbritannien und der EU mit der neuen Machthaberin.
Vor allem die steigenden Energiepreise dürften die neue Premierministerin zunächst innenpolitisch beschäftigen. Es wird erwartet, dass Truss in den kommenden Tagen einen Plan zur Bekämpfung der hohen Gas- und Strompreise vorstellen wird.
Ich werde in der Energiekrise liefern, indem ich die Energierechnungen der Menschen angehe, aber mich auch der langfristigen Probleme mit der Energieversorgung annehme.
Bei der Rede nach der Kür zur neuen Parteivorsitzenden der Konservativen äusserte sich Liz Truss bereits zur Energiekrise. Sie werde in dieser die Rechnungen der Menschen angehen, aber auch die langfristige Energieversorgung als Thema annehmen.
Die ersten Gratulationen aus der Schweiz liessen nicht lange auf sich warten. Bundespräsident Ignazio Cassis meldete sich via Twitter zu Wort und gratulierte Liz Truss zur Wahl. Er freue sich auf die Zusammenarbeit und darauf, die bereits langandauernde Partnerschaft und wirtschaftliche Kooperation weiter zu stärken.