- Eine deutliche Mehrheit im britischen Unterhaus hat sich für das umstrittene Binnenmarktgesetz von Premier Boris Johnson ausgesprochen.
- Die Abstimmung war ein erster Stimmungstest zum Gesetz.
- In einer Woche soll das Unterhaus definitiv darüber abstimmen.
340 der Abgeordneten votierten am Montagabend für das Gesetz, mit dem Johnson Teile des gültigen Brexit-Deals ändern will. 263 stimmten dagegen. Ein Antrag der Opposition, um das Gesetz zu stoppen, war zuvor mehrheitlich abgelehnt worden.
Die Abstimmung gilt als Stimmungsbarometer: In den kommenden Tagen geht die Debatte über den Gesetzesentwurf weiter und erst in einer Woche steht die entscheidende Abstimmung an. Danach muss das Gesetz noch das Oberhaus passieren.
Emotionale Debatte
Doch bereits am Montag kochten die Emotionen im Parlament hoch: «Was für eine Inkompetenz! Was für ein gescheitertes Regieren!», empörte sich etwa der Abgeordnete der oppositionelle Labour-Partei, Ed Miliband, zu einem kopfschüttelnden Regierungschef.
Es gebe nur eine Person, die für all das verantwortlich sei – Boris Johnson selbst. Dieser verteidigte sein Gesetz in der Debatte hingegen erneut als «Sicherheitsnetz», das notwendig sei, um die Beziehung zwischen Nordirland und dem Rest Grossbritanniens zu schützen.
Johnson verfügt über eine Mehrheit von 80 Stimmen im Unterhaus, in der Abstimmung hatte seine Regierungsfraktion am Montagabend eine Mehrheit von 77 Stimmen – und das, obwohl sich zuvor etliche führende Parteimitglieder, darunter auch konservative Ex-Premierminister wie David Cameron und John Major, klar von dem Gesetz distanziert hatten.
EU spricht von Rechtsbruch
Der Premierminister will mit dem Binnenmarktgesetz den 2019 mit der Europäischen Union vereinbarten Austrittsvertrag in wesentlichen Punkten ändern. Dabei geht es konkret um Sonderregeln für das britische Nordirland, die eine harte Grenze zum EU-Staat Irland und neue Feindseligkeiten dort verhindern sollen.
Für die EU handelt es sich bei Johnsons Vorstoss um einen Rechtsbruch. Brüssel forderte London daher auf, bis Ende September einzulenken. Kritiker befürchten, dass das geplante Gesetz der Todesstoss für den Handelsvertrag sein könnte, der die künftigen Wirtschaftsbeziehungen neu regeln soll. Nach dem Ende der Brexit-Übergangsphase droht ohne Vertrag ein harter Bruch mit Zöllen und hohen Handelshürden.