15 Tage Zeit hatte der portugiesische Marineoffizier Henrique de Gouveia e Melo, dann stand das Impfprogramm für Portugal. Das ist jetzt knapp ein Jahr her. In diesen 15 Tagen wurden 309 Impfzentren geplant. Soldaten waren dabei die Testkandidaten, um zu sehen, wie viele Menschen man täglich immunisieren kann. Rund 1000 Stiche wurden täglich verabreicht.
Organisation, Leadership und Kommunikation sind die drei entscheidenden Komponenten für den Erfolg.
5000 Zivilisten und Militärs führte de Gouveia e Melo. Ende September hat sich der Vizeadmiral der Marine dann aus der Taskforce zurückgezogen, mit einer Impfquote von rund 85 Prozent und niedrigen Inzidenzen. Sein Plan ging auf.
«Organisation, Leadership und Kommunikation sind die drei entscheidenden Komponenten für den Erfolg», sagt der Offizier. Vor allem die Führungsqualitäten und Kommunikation hätten den Unterschied in Portugal gemacht. Er war der Kopf der Taskforce, sichtbar und ansprechbar. Er hörte zu und traf die nötigen Entscheidungen.
Kein Raum für Zweifler und Verweigerer
Seine Kommunikation sei eine in Anlehnung an einen Kriegszustand gewesen. Sie sollte unmissverständlich sein. «Es gab nur zwei Seiten, den Feind und den Freund. Der Freund war das Volk, das galt es zu schützen. Der Feind war das Virus», beschreibt de Gouveia e Melo seinen Weg.
Der Freund war das Volk, das galt es zu schützen. Der Feind war das Virus.
Deshalb tauchte er auch im Tarnanzug in den Impfzentren auf. Die Botschaft sollte eindeutig sein. Auch deshalb, damit Zweifler und Verweigerinnen kein Raum hatten. Man habe ihn trotzdem als Mörder beschimpft. Doch er antwortete gelassen, der Mörder sei das Virus. Punkt.
Zahlen steigen: «Zeit, Kinder auch zu impfen»
Jetzt steigen die Infektionszahlen auch in Portugal wieder. Mitte Oktober lagen sie bei 90, jetzt schon bei 125. Henrique de Gouveia e Melo versucht, in seinem Büro mit Blick auf die Tejo-Mündung Abstand zu gewinnen. Schliesslich ist er nicht mehr dabei. Doch er kann nicht loslassen: «Ich brauche Gewissheit, muss doch wissen, wer sich infiziert. Sind es Geimpfte, sind es Ungeimpfte und wer von ihnen muss ins Krankenhaus?»
Sollte sich das Infektionsgeschehen in Wellenform bewegen, dann sei man in einem endemischen Zustand. Kein Grund zur Sorge. «Wenn die Zahlen aber wieder kontinuierlich steigen, muss man wohl auch die Kinder impfen, die zwölf Prozent der Bevölkerung ausmachen», erklärt Henrique de Gouveia e Melo.
In Portugal ein Volksheld
Seine Klarheit hat ihm in Portugal den Status eines Volkshelden eingebracht. In den vergangenen Tagen mehrten sich die Aufrufe, der Vizeadmiral solle wieder an die Spitze der Taskforce zurückkehren. Doch der wiegelt ab. «Es ist die Aufgabe der Politik und der Institutionen, diese Herausforderung anzunehmen und an ihr zu wachsen», sagt er und macht klar: «Es kann nicht sein, dass das Militär wieder übernimmt. Sonst haben wir Militärs bald an jeder Ecke. Und das ist nicht gut für unsere 50 Jahre alte Demokratie».
Derzeit gibt es aber noch keinen Nachfolger, der die führende Rolle des Virus-Bekämpfers übernommen hat – auch die Gesundheitsministerin nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass die Regierung durch bevorstehende Neuwahlen im Januar auf Abruf steht. All das passiert in einer Jahreszeit, die für die Rekord-Infektionen zu Beginn des Jahres verantwortlich war.
Die Hoffnung ist, dass sich das Drama durch die hohe Impfquote nicht wiederholt. Ein Indikator: Trotz steigender Infektionszahlen ist die Lage in den Krankenhäusern noch entspannt. Das liegt auch daran, dass die Zahl der Impfverweigerinnen und -gegner in Portugal bei nur etwa zwei Prozent liegt.