Das Gebell ist ohrenbetäubend, als slowakische Umweltpolizisten Anfang September eine Halle mit rund 40 Zwingern stürmen. Es findet eine Razzia am Geschäftssitz der Hundehandelsfirma Elitdog in Balon statt, eine Autostunde von der slowakischen Hauptstadt Bratislava entfernt.
Von Balon aus wurden in den vergangenen vier Jahren mehr als 800 Hunde in die Schweiz geliefert – auf Bestellung im Internet. Besonders viele Welpen wurden im Jahr 2021 während der Corona-Pandemie importiert. Damals explodierte die Nachfrage nach Haustieren. Im Zürcher Tierspital stammte jeder fünfte lebensgefährlich erkrankte Hund von Elitdog.
Bei der Razzia im September stossen die Ermittler auf Impfungen, leere Pässe und Antibiotika. Elitdog-Geschäftsführer R. T. ist aber kein Tierarzt. «Wir vermuten, dass er mit der regionalen Veterinärbehörde zusammenarbeitet», sagt Chefermittler Ondrej Koporec. Wegen des Verdachts auf Korruption hätten die Ermittlungen drei Jahre gedauert und sich schwierig gestaltet.
Die Veterinärbehörde in Bratislava schreibt: «Solange die Ermittlungen laufen, darf Elitdog keine Hunde transportieren.» Die Firmenwebsite ist jedoch weiterhin aufgeschaltet, und Elitdog bestätigt am Telefon, dass der gewünschte Hund innert Wochenfrist geliefert werden könne.
Ermittlungen stocken
Derweil scheinen die Ermittlungen in der Schweiz nicht voranzukommen: Im September 2021 war bei der Staatsanwaltschaft St. Gallen eine Strafanzeige gegen Elitdog eingegangen. Tatbestand: Urkundenfälschung und Widerhandlung gegen das Tierseuchen- und Tierschutzgesetz.
Die Kantonstierärzte hatten über 350 Fälle von Unregelmässigkeiten, wie gefälschten Pässen und nicht vorhandenen Tollwutimpfungen, gesammelt und via Bundesamt für Veterinärwesen (BLV) Anzeige gegen Elitdog eingereicht. Mehr als zwei Jahre später ist der Fall weiter pendent. Keine Auskunft, heisst es bei der St. Galler Staatsanwaltschaft.
Gesprächiger ist der Chefermittler der Umweltpolizei in der Slowakei: Man habe mehrere Gespräche mit den Schweizer Strafverfolgern geführt und warte auf die Übergabe der Akten. Warum das zwei Jahre dauere, wisse er nicht, sagt Ondrej Koporec. «Die Akten müssen noch auf Slowakisch übersetzt werden.»
Politikerin setzt sich ein
Schon vor zwei Jahren versprach der Leiter der slowakischen Veterinärbehörde, Elitdog zu schliessen, wenn er die gesammelten Beweise aus der Schweiz bekäme. Warum also hat das BLV die 350 Fälle nicht längst übermittelt? «Der Datenschutz steht über dem Tierschutz», sagte Liv Sigg, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Bundesamt für Veterinärwesen, damals in einem DOK-Film. Für das Aushändigen von Beweismaterial auf dem Amtsweg brauche es eine Gesetzesänderung.
Der Film rief SP-Nationalrätin und Tierschützerin Martina Munz auf den Plan. Ihr Vorstoss, der den Datenaustausch mit dem Ausland bei strafrechtlich relevanten Hundeimporten ermöglichen will, wurde angenommen. Aber auch zwei Jahre später ist unklar, wann er umgesetzt wird: Für die Änderung des Tierschutzgesetzes gäbe es noch keinen Zeitplan, schreibt das BLV.
Gilt unterdessen wenigstens das höhere Welpenalter (siehe Box)? Nein, sagt Munz. Voraussichtlich 2025, schreibt das BLV. Also rund vier Jahre, nachdem ihr Vorstoss angenommen wurde.
«Die Anhörung der betroffenen Kreise hat Zeit in Anspruch genommen», heisst es beim BLV. Wenig Verständnis hat Staatsrechtler Markus Schefer: «Vier Jahre für eine doch recht überschaubare Materie sind sehr lang».