Lange Zeit hat China die Erderwärmung ignoriert. Mittlerweile steht das Thema aber ganz oben auf der Regierungsagenda. Das Land ist zwar der weltweit grösste CO2-Emittent, trotzdem sollen die Emissionen noch vor 2030 ihren Höhepunkt erreichen. Bis spätestens 2060 will China CO2-neutral sein, zehn Jahre später als zum Beispiel die USA oder EU.
Was die Zentralregierung sagt, das gilt. Gemäss dem anerkannten Umweltexperten Ma Jun kommt dem Land sein Einparteiensystem entgegen: «China hat seine ganz eigenen, speziellen Besonderheiten. Es hat eine Regierung, die über einen starken Einfluss verfügt.» Die Regierung kann ihre Ziele zentralistisch von oben herab vorgeben. Und weil keine Machtwechsel drohen, hat sie einen langen Planungshorizont.
Subventionierte Solaranlagen als Lösung?
Im Dorf Huilong zeigt sich, wie die China seine Klimaziele erreichen will. Rund 60 Prozent der Haushalte haben bereits eine Solaranlage installiert – auf Anraten der Behörden. «Egal ob Verwaltung oder Quartierkomitee, wir alle unterstützen Solaranlagen», sagt Quartierchef Wang Xuefeng.
Die Solaranlagen sind stark subventioniert. 12 bis 15 Panels kosten rund 3000 Franken. Das reicht, um einen Haushalt zu versorgen. Der überzählige Strom wird ins lokale Netz eingespeist und die Bewohner entschädigt.
Kohle: 60 Prozent des Energieverbrauchs
Auch Herr Chen will baldmöglichst eine Solaranlage installieren. Dabei geht es ihm nicht nur um das Geld: «Wir folgen dem Ruf der Regierung, richtig? Das ist eine gute Sache und nützt allen.» Das Solardorf zieht an einem Strang, damit das Land seine Klimaziele erreicht. Einsprachen gibt es keine.
Das Dorf Huilong übernimmt eine Vorreiterrolle. Es gibt aber bereits Pläne den Anteil von Haushalten mit Solaranlagen zu erhöhen. Obwohl China weltweit führend ist bei den erneuerbaren Energien, macht Kohle nach wie vor fast 60 Prozent des Energieverbrauchs aus. Bei der Stromerzeugung sind es sogar über 68 Prozent.
Stromknappheit setzt Unternehmen zu
Und die Kohleabhängigkeit wird zunehmend zur Hypothek. Neben seinen Klimazielen verfolgt China auch ehrgeizige Wachstumsziele für die Wirtschaft. Das bedeutet einen steigenden Strombedarf. Nur ist zurzeit Strom in China knapp. In verschiedenen Provinzen müssen Fabriken den Strom rationieren. Um die Stromlücken rasch zu überbrücken, setzen verschiedene Lokalbehörden wieder verstärkt auf Kohle.
Genau dort liegt die Krux. «Angesichts der Auswirkungen der Pandemie, den damit verbunden Unsicherheiten und der zusätzlichen Energieknappheit, gibt es für viele Lokalbehörden einen Konflikt zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Umweltschutz», sagt Umweltexperte Ma Jun. Da sei es schwierig, kurzfristig Entscheide zugunsten von Umwelt- und Klimaschutz zu treffen.
Trotz der Herausforderungen bei der Kohlekraft, Chinas zentral gesteuerte Politik könnte entscheidend sein, wenn es darum geht, die gesteckten Klimaziele zu erreichen.