Eine Fahrt durch die Landschaft der neuseeländischen Nordinsel ist eine Reise durch die grösste Kuhwiese der Welt. Zehn Millionen dieser Wiederkäuer weiden auf den grünen Grasflächen in einem Land mit nur fünf Millionen Menschen. Neuseeland präsentiert sich Touristen und Touristinnen gegenüber als «clean and green» – als sauber und grün.
Idee aus einer progressiven Zeit
Doch die Realität ist anders. Die Gülle der Tiere vergiftet Flüsse und Seen. Vielerorts ist das Baden deswegen verboten. Zudem hat die Verdauung der Rinder und die von 25 Millionen Schafen schwerwiegende Folgen für das Klima. Die Blähungen und Rülpser der Nutztiere sind für den grössten Teil der Treibhausgasemissionen Neuseelands verantwortlich.
Das wollte vor zwei Jahren die frühere Labour-Regierung unter Premierministerin Jacinda Ardern ändern. 2025 sollte eine Steuer auf Emissionen aus der Landwirtschaft eingeführt werden. Ziel war, die Zahl der Tiere zu reduzieren.
Konservative Regierung bestimmt neuen Kurs
Doch dazu kommt es nicht mehr. Der im letzten Jahr gewählte konservative Premierminister Chris Luxon hat die Steuerpläne gekippt. Er wolle mit alternativen Massnahmen gegen die Klimaerhitzung kämpfen, so der ehemalige Unternehmer.
Mit dieser Steuer hätte sich die Milchproduktion für mich nicht mehr gelohnt.
Das sei der richtige Entscheid, sagt der aus der Schweiz stammende neuseeländische Milchbauer Othmar Hebler. Er lebt mit seiner Familie im Süden der Nordinsel. Die geplante «Kuh-Steuer», auch «Rülpssteuer» oder «Furzsteuer» genannt, sei ein Problem gewesen: «Mit dieser Steuer hätte sich die Milchproduktion für mich nicht mehr gelohnt.»
Monatelange Proteste von Bauern waren von einer eigentlichen Hasskampagne gegen die progressive Jacinda Ardern begleitet gewesen. Die Steuer war schliesslich mit dafür verantwortlich, dass die Labour-Partei letztes Jahr die Wahlen an die Konservativen verloren hatte.
Grosse Herden – Milchpulver für China
Die Milchwirtschaft hat in den letzten Jahren die Woll- und Fleischproduktion als wichtigsten Landwirtschaftssektor überholt. In erster Linie dank einer steigenden Nachfrage aus China nach Milchpulver. Es gibt Herden mit bis zu 1000 Kühen. Die neuseeländische Firma Fonterra kontrolliert den Markt.
Fonterra macht uns sehr strenge Vorschriften. Darum braucht es den Staat gar nicht.
Das globale Unternehmen erlasse selbst Umweltrichtlinien für die Bauern, sagt Othmar Hebler: «Fonterra macht uns sehr strenge Vorschriften, den Staat braucht es dazu gar nicht.» Er begrüsst, dass die Luxon-Regierung künftig mehr auf Forschung setzen will. Fonterra mit Sitz in Neuseeland gilt als grösstes Unternehmen des Landes und ist Vertriebsarm von über 10'500 neuseeländischen Milchbauern.
Seetang-Pulver soll Abgase reduzieren
So soll ein Extrakt aus Seetang die Methanabgase der Kühe reduzieren. Doch wie genau dieses Pulver den Tieren verabreicht werden soll, weiss auch Othmar Hebler nicht. Denn die Kühe seien schliesslich 24 Stunden am Tag auf der Wiese, nicht in einem Stall.
Trotzdem ist der Bauer optimistisch. Im Wissen um das problematische Gas ist er voll überzeugt, dass die Methan-Werte mit der Forschung reduziert werden können. Nicht überzeugt sind dagegen die neuseeländischen Umweltverbände. Greenpeace warf der Luxon- Regierung vor, einen «Krieg gegen die Natur» zu führen. Denn fast gleichzeitig mit dem Milchentscheid kippte die Regierung auch ein Verbot der Suche nach neuen Öl- und Gasfeldern.