Russlands Rückgabe von drei Kriegsschiffen an die Ukraine zeigt: Die Zeichen stehen auf Entspannung im Ostukraine-Konflikt. Welche anderen bemerkenswerten Entwicklungen es ausserdem gibt, weiss SRF-Moskau-Korrespondent David Nauer.
SRF News: Wie bemerkenswert ist die Rückgabe der Schiffe durch Russland?
David Nauer: Das ist sehr bemerkenswert. Noch vor wenigen Monaten wäre dies völlig undenkbar gewesen. Es ist eindeutig ein Zeichen der Entspannung zwischen Russland und der Ukraine.
Auch die Ukraine hat sich in letzter Zeit auf Russland zubewegt...
Tatsächlich hat die Ukraine an mehreren Orten der Konfrontationslinie im Donbass die Truppen zurückgezogen, was daraufhin auch die von Russland unterstützten Separatisten getan haben. Schon seit Jahren ist eine solche Entflechtung der Truppen eine Forderung der internationalen Gemeinschaft – doch jetzt auf einmal ist das eine Tatsache. Plötzlich geht es.
Auch die Russen zeigen sich bereit, auf die Ukraine zuzugehen.
Zurückzuführen ist dies darauf, dass der neue ukrainische Präsident Wolodimir Selenski gegenüber den Separatisten im Donbass kompromissbereiter ist als sein Vorgänger. Und auch Russland zeigt sich bereit, auf die Ukraine zuzugehen.
Wie kommt Selenskis Engagement für einen Frieden mit Russland in der Ukraine an?
Gemischt. Der grösste Teil der Ukrainerinnen und Ukrainer möchte Frieden und anständige Beziehungen mit dem Nachbarn Russland – aber nicht zu jedem Preis. Deshalb kommt für sie eine Kapitulation nicht infrage. Es gibt deshalb durchaus die Befürchtung, dass Selenski zu weit gehen könnte und womöglich ukrainische Positionen aufgibt, die er nicht aufgeben sollte.
Bei pro-westlich eingestellten Ukrainern schrillen die Alarmglocken.
Könnte Selenski auch aus Sicht des Westens zu nahe an Russland heranrücken?
In Kiew gibt es Leute, die genau das befürchten. So hat der Oligarch hinter Selenski, Igor Kolomojski, gegenüber der «New York Times» gesagt, dass man auch zu den Russen gehen könne, wenn der Westen keine Geschäfte mit der Ukraine machen wolle. Deshalb schrillen bei pro-westlich eingestellten Ukrainern die Alarmglocken. Sie befürchten, dass es unter Selenski einen grösseren Umschwung in Richtung Russland geben könnte.
Am 9. Dezember sollen in Paris im sogenannten Normandie-Format Verhandlungen zur Ostukraine stattfinden – was ist von diesem Treffen auf höchster Ebene zu erwarten?
Das ist noch recht nebulös. Im Kern ist der Konflikt in der Ostukraine noch ungelöst – und niemand weiss, wie er gelöst werden soll. Gleichzeitig ist die Tatsache, dass das Treffen in Paris überhaupt stattfindet, ein Fortschritt. Es ist das erste solche Treffen seit mehreren Jahren. Entsprechend ist es auch ein Zeichen der Hoffnung für die Ostukraine.
Das Gespräch führte Simone Hulliger.