Das ist passiert: Der peruanische Präsident Pedro Castillo wollte am Mittwoch den Kongress auflösen, um einem Misstrauensvotum im Parlament zuvorzukommen. Er wollte eine Notstandsregierung einsetzen und künftig per Dekret regieren. Sein Kabinett und auch die Opposition witterten einen Staatsstreich und gingen ihm von der Fahne, allen voran Vizepräsidentin Dina Boluarte. Sie enthoben den 53-Jährigen wegen «dauerhafter moralischer Ungeeignetheit» des Amtes. Am Ende des Tages sass er im Zentrum der Hauptstadt Lima in Haft. Gegen Castillo laufen eine ganze Reihe von Ermittlungsverfahren wegen Korruptions- und Plagiatsvorwürfen.
Das ist die neue Präsidentin: Nach der Absetzung Castillos durch das Parlament legte Boluarte im Kongress in Lima ihren Amtseid ab. Die Verfassung sieht vor, dass im Fall einer Absetzung des Staatschefs seine Stellvertretung die Amtsgeschäfte übernimmt. Boluarte ist die erste Staatschefin in der Geschichte des südamerikanischen Landes.
Das Polit-Chaos vor Castillos Absetzung: Castillos Regierung stand seit dem Amtsantritt des ehemaligen Dorfschullehrers im Juli vergangenen Jahres unter Druck. Wegen verschiedener Vorwürfe und Meinungsverschiedenheiten räumten immer wieder wichtige Minister ihre Posten. Erst vor zwei Wochen ernannte Castillo eine neue Kabinettschefin – die fünfte in knapp eineinhalb Jahren. Seit seinem Amtsantritt hatte er bereits zwei Amtsenthebungsverfahren überstanden.
Die Regierung des Linkspolitikers befand sich zudem in einem permanenten Machtkampf mit dem von konservativen Kräften dominierten Parlament. Zuletzt verweigerte der Kongress dem Staatschef die Erlaubnis, zum Gipfel der Pazifik-Allianz nach Mexiko zu reisen, und liess das Treffen damit platzen. Auch gegen zahlreiche Parlamentarier wird wegen verschiedener Vorwürfe ermittelt. Zwei von Castillos Vorgängern wurden in ähnlichen Verfahren ihres Amtes erhoben.
Das ist Castillos Hintergrund: Der Linkspolitiker hatte bis zu seiner Wahl zum Präsidenten nie ein politisches Amt inne. Sein Versuch, den Kongress aufzulösen, sei eine schlecht durchdachte Entscheidung gewesen, wie die peruanische Politikwissenschaftlerin Andrea Moncada im Fachmagazin «Americas Quarterly» schreibt: «Castillos Entscheidung, den Kongress aufzulösen, während sich die Abgeordneten auf die Abstimmung über seine Amtsenthebung vorbereiten, ist ein Beweis für die Schwäche des Präsidenten und seine mangelnde politische Strategie.»
Der Bauer, Lehrer und Gewerkschaftler vertrat vor allem das ländliche Peru. Doch gerade Landwirte und Indigene konnten vom beachtlichen Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre kaum profitieren und leben oft in bitterer Armut. Während der Corona-Pandemie hatte Peru eine der höchsten Sterblichkeitsquoten weltweit – viele der 33 Millionen Landesbewohner konnten es sich aus finanziellen Gründen schlicht nicht leisten, zu Hause zu bleiben.