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Konsequenzen nach Niederlagen Die Grünen in Deutschland müssen sich neu sortieren

Der Erfolg der grünen Partei in Deutschland scheint vorbei. Sie brachen bei der Europawahl ein und flogen aus zwei ostdeutschen Parlamenten. Am Parteitag dieses Wochenende will sich die Partei neu ordnen.

Es ist ziemlich happig, was die Partei in den letzten Monaten schlucken musste: Von rechts und links bekommen die Grünen die ganze Häme ab. Und für diese Angriffe gibt es viel Applaus, vor allem in ländlichen Regionen. Es sei eine Elitepartei, die nur ihren «Gendergaga» im Kopf habe, deren grüne Transformation die deutsche Wirtschaft zum Kollaps bringe.

Die Grünen in Schleswig-Holstein trafen sich zwar schon vor dem Bruch der Regierung, aber das spielt gar keine Rolle. Der grüne Neustart war da schon längst das zentrale Thema. Und so ging es bei den Auftaktreden am Landesparteitag auch um den Rücktritt der beiden Parteichefs .

«Wir brauchen eine Abteilung Attacke»

«Sie ziehen die Konsequenzen daraus, dass wir immer weniger Menschen erreichen, dass Diffamierungen gegen uns einfach zu stark geworden sind», sagt eine Delegierte. Die Grünen müssten raus aus der Defensive. «Also: Wir brauchen eine Abteilung Attacke», sagt sie zögerlich.

Dieses Zögern zeigt genau das Dilemma. In der zunehmend lauten Politarena setzen die Grünen gerade nicht auf schrille Töne. Die Grüne Jugend aber ist laut. Sie will die ganzen Kompromisse nicht mittragen bei der Verschärfung in der Migration und bei Kürzungen im Sozialbereich. Es werde zu wenig gekämpft.

«Wir müssen wieder zu der Partei der Schwächsten in unserer Gesellschaft werden. Für die Leute, die sich die Auswirkungen der Klimakrise nicht leisten können, für die Leute, die hart arbeiten und trotzdem am Existenzminimum kratzen. Nicht über Personen, sondern über unsere grünen Werte müssen wir sprechen. Und das können wir nur schaffen, wenn wir gemeinsam daran arbeiten. Eine x-te neue linke Jugendbewegung wird das nicht schaffen», sagt Mayra Vriesema der Grünen Jugend.

Wie weit geht die grüne Kompromissbereitschaft?

Aber wie weit sollen die Grünen gehen, wenn sie mitregieren? In Schleswig-Holstein trägt Integrationsministerin Aminata Touré Asylrechtsverschärfungen der CDU mit. Ist das ein hoher Preis?

Mit der Frage könne sie nichts anfangen, es brauche Kompromisse. «Ansonsten hätten wir eine Situation, in der die Grünen über 50 Prozent hätten. Haben wir nicht. Wir haben hier 2022 unser historisch bestes Ergebnis erzielt. Und von daher ist das der Preis, den wir dafür zahlen, regieren und gestalten zu dürfen. Und das ist ein Preis, den ich gerne zahle.»

Bühne mit Begrüssungstext und Personen auf Podium, leere Sitzreihen davor.
Legende: Am Parteitag dieses Wochenende will sich die Partei der Grünen neu erfinden. imago images/Chris Emil Janssen

Silke Backsen von der friesischen Insel Pellworm sei gar nicht so doll besorgt: «Ehrlicherweise nicht, weil ich vielleicht naiv bin. Wenn man sich die Geschichte von Bündnis 90/Die Grünen anguckt weiss man, wo wir herkommen und wo wir jetzt gerade stehen. Ich bin eher besorgt, dass die Themen, für die ich auch brenne wie Klimaschutz, dass die gefühlt in der Gesellschaft nicht mehr relevant sind. Oder dass wir es nicht vermittelt bekommen, welche dringenden politischen Lösungen wir brauchen.»

Wie man die Menschen für Klimaschutz mitnimmt, das ist wohl die entscheidende Frage. Ab heute geht es am Parteitag in Wiesbaden auch darum.

Rendez-vous, 15.11.2024, 12:30 Uhr

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