Vizekanzler Werner Kogler veröffentlichte ein Communiqué. Darin heisst es: Es sei ein «verheerender Eindruck» entstanden. Die schweren Vorwürfe der Staatsanwaltschaft an die Adresse von Kanzler Kurz würden dessen «Handlungsfähigkeit infrage stellen». So schreibt jemand, der zweifelt, ja verzweifelt. Und das heisst: Es steht schlecht um den Kanzler.
Der Vorwurf, Kurz habe vor fünf Jahren Medien bestechen lassen, wiegt äusserst schwer. Kurz habe seinen ohnehin schon kometenhaften Aufstieg weiter beschleunigen wollen, illegal: vom Aussenminister zum Chef der konservativen ÖVP und schliesslich zum Kanzler.
Achtung: Das ist keine Gewissheit, das sind erst einmal Vorwürfe, allerdings stammen sie von der auf Korruption spezialisierten Staatsanwaltschaft – also von Sachverständigen.
Fragen und Anschlussfragen
Die Frage, ob Kurz selbst oder sein engstes Umfeld tatsächlich über eine Million Euro Steuergelder veruntreut haben, um sich die Publizierung von frisierten Wahlumfragen in einer Boulevard-Zeitung zu erkaufen, diese Frage wird wohl erst in Monaten, vielleicht gar Jahren letztinstanzlich geklärt sein.
Und da stellt sich sofort eine Anschlussfrage: Kann sich Kanzler Kurz verteidigen, womöglich in einem längeren, aufreibenden Verfahren? Und kann er gleichzeitig glaubwürdig sein Land regieren? Diese Frage stellt der grüne Koalitionspartner in Wien seit neustem mit aller Dringlichkeit. Eigentlich ist das schon ein Misstrauensvotum, zuerst einmal gegenüber Kurz, aber auch gegen dessen Entourage.
Ein «weiter so» wird es nicht geben
Aber bisher ist das noch kein Misstrauensvotum gegenüber der Kanzler-Partei, der ÖVP, ganz allgemein. Es sieht so aus, als ob die Grünen darauf hoffen, dass die ÖVP Kurz zurückzieht und einen neuen Chef und Kanzler ins Spiel bringt. Etwa einen ihrer erfahrenen Landeshauptleute, also einen regionalen Regierungschef. Ob das die ÖVP tut, ist fraglich.
Möglich wären aber auch Neuwahlen. Vor denen sich die Grünen aber eher fürchten. Denn in Umfragen stand die ÖVP unter Kurz bis zuletzt immer hoch in der Wählergunst. Und eine Mehrheit im bestehenden Parlament ohne die ÖVP ist auch nicht in Sicht. Denn da müssten Parteien zusammenspannen, die rein gar nichts verbindet.
Nach diversen Skandalen ist die Lage verfahren. Gewiss scheint heute nur eines: Ein Zurück zur Tagesordnung, zu einem simplen «weiter so», wird es nicht geben.