In Afghanistan wird vom baldigen Frieden gesprochen, doch die Taten sehen anders aus: Knapp 4000 Zivilisten wurden in Afghanistan im letzten halben Jahr durch Kampfhandlungen entweder verletzt oder getötet.
Die Zahl der Opfer durch Einsätze regierungsfreundlicher Truppen stieg im Vergleich zu 2018 um etwa einen Drittel. Vor allem Luftangriffe, die seit einem Jahr stark zugenommen haben, verursachten viele zivile Opfer. Zählt man nur die getöteten Zivilisten, sind die Regierungstruppen sogar für mehr Opfer verantwortlich als die Taliban.
Trump will rasches Verhandlungsergebnis
Das zeigt vor allem eines: Die grosse Nervosität aufseiten der afghanischen Regierung und der Amerikaner. Denn die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat auf die US-Wahlen hin einen baldigen Friedensplan versprochen. Vielleicht schon auf Anfang September.
Doch Zeitdruck ist eine schwierige Ausgangslage für die Gespräche zwischen den USA und den Taliban. Bereits siebenmal haben sich die Vertreter beider Seiten in Doha getroffen.
Dabei wird nicht unbedingt über Frieden geredet, sondern über Konditionen für einen Abzug der internationalen Truppen. Dafür wollen die Amerikaner den Taliban das Versprechen abringen, dass Afghanistan nicht wieder zu einem Hort des internationalen Terrorismus wird.
Taliban auf dem Vormarsch
Dass die USA überhaupt mit den Taliban reden und sich womöglich auf einen so schwachen Deal einlassen, ist Ausdruck der schlechten Verhandlungsposition der USA. Und diese wird auf dem Feld definiert. Wer mehr Gebiete kontrolliert, kann in den Gesprächen mehr Druck aufsetzen.
Zurzeit sind es die Taliban, die den Ton angeben. Denn sie kontrollieren oder haben zumindest eine Präsenz in etwa der Hälfte des Landes, mehr als je zuvor seit Beginn der Intervention der internationalen Truppen Ende 2001.
Mehr Luftangriffe auf Druck der Amerikaner
Um bei den Gesprächen in Doha mehr Verhandlungsmasse zu haben, sind die Amerikaner darauf angewiesen, dass die afghanischen Truppen mit amerikanischer Unterstützung mehr Gebiete von den Taliban zurückerobern können.
Deswegen kommt es vermehrt zu Luftangriffen und damit zu einer grösseren Zahl an zivilen Todesopfern, die auf das Konto der Regierungstruppen gehen. Es scheint, als würden die Amerikaner die Opfer in Kauf nehmen für die sogenannten Friedensgespräche.