«Um Himmels Willen – Dieser Mann darf nicht an der Macht bleiben.» Mit diesen Worten hat US-Präsident Joe Biden am Samstag in der polnischen Hauptstadt Warschau für Wirbel gesorgt.
Kurz nach der flammenden Rede präzisierte das Weisse Haus, Biden habe nicht etwa zu einem Regime-Wechsel im Kreml aufgerufen. Vielmehr habe er damit gemeint, dass der russische Präsident Wladimir Putin keine Macht über seine Nachbarn im Nato-Gebiet ausüben dürfe.
Bei seinem Polen-Besuch dankte Biden dem Land für die Aufnahme von Millionen Flüchtlingen. Seit Beginn des Krieges haben nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks bereits mehr als 3.8 Millionen Menschen die Ukraine verlassen. Mehr als 2 Millionen sind allein in Polen angekommen.
Auch innerhalb der Ukraine sind Menschen auf der Flucht. Die Ukraine und Russland haben nach ukrainischen Angaben für Sonntag erneut zwei «humanitäre Korridore» vereinbart, um Zivilisten aus den Frontgebieten zu evakuieren.
Dazu gehöre auch, dass Menschen mit Privatautos die besonders umkämpfte südöstliche Hafenstadt Mariupol verlassen können, sagt die ukrainische Vize-Ministerpräsidenten Iryna Wereschtschuk. Am Sonntagnachmittag teilten die ukrainischen Behörden allerdings mit, dass sie Schutz suchende Menschen erst aus der nahen Stadt Berdjansk geleiten könnten.
Der Bürgermeister der südukrainischen Hafenstadt Mariupol berichtete von extrem schweren Kämpfen und einem rücksichtslosen Vorgehen des russischen Militärs.
Unabhängig davon plant Frankreich mit der Türkei und Griechenland eine humanitäre Aktion, um kurzfristig Menschen aus der heftig umkämpften Hafenstadt zu evakuieren.
Die Kampfhandlungen gingen auch andernorts weiter. Mit von Flugzeugen und Kriegsschiffen abgefeuerten Raketen seien mehrere Militärobjekte in den Gebieten von Lwiw und Kiew zerstört worden, sagte der russische Generalmajor.
Die regionale ukrainische Militärverwaltung hatte am Samstag drei heftige Explosionen am östlichen Stadtrand von Lwiw gemeldet. SRF-Korrespondent David Nauer bestätigte vor Ort, die Rauchwolke gesehen zu haben.
Laut dem Bürgermeister von Lwiw, Andrij Sadowyj, wurde keine zivile Infrastruktur getroffen.
Die Ukraine wirft Russland indes eine versuchte Teilung des Landes vor. Moskau sei es nach mehr als einem Monat Krieg nicht gelungen, das ganze Land zu erobern. Daher werde nun versucht, eine von Russland kontrollierte Region zu schaffen, sagte der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, am Samstag.
Im umkämpften Gebiet Luhansk im Osten der Ukraine wollen die prorussischen Separatisten über einen Beitritt der Region zu Russland abstimmen lassen und erhöhen damit den Druck auf Kiew.
Russland hatte kurz vor seinem Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar die selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk in der ostukrainischen Separatisten-Region als unabhängig anerkannt. Das russische Verteidigungsministerium hatte am Freitag mitgeteilt, dass die Armee 93 Prozent des Regierungsbezirks Luhansk und 54 Prozent des Bezirks Donezk kontrolliere. Man könne nun die Kontrolle über die Donbass-Region in den Fokus nehmen.
Die Ukraine drängt den Westen derweil zur Lieferung von Panzern und Flugzeugen für den Kampf gegen immer neue russische Angriffe. Präsident Wolodimir Selenski bekräftigte in der Nacht zum Sonntag die Forderung, die die Nato bisher aus Furcht vor der Verwicklung in den Krieg ablehnt.
Auch der Papst äusserte sich erneut zum Krieg in der Ukraine. Er nannte den Konflikt am Sonntag vor den Gläubigen auf dem Petersplatz «barbarisch und gottesverachtend». Während Brüder einander töteten, ohne sich überhaupt zu sehen, würden Kinder schwer traumatisiert.