Erich Vad blickt auf eine lange militärische Karriere zurück. Er war Brigadegeneral der deutschen Bundeswehr, arbeitete für die Nato und war acht Jahre lang der militär- und sicherheitspolitische Berater von Angela Merkel. Und: Vad ist gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine. «Schwere Waffen alleine werden diesen Konflikt nicht drehen», sagte Vad in der SRF-Sendung «Club».
Aufgrund des Kräfteverhältnisses habe die Ukraine einzig die Chance, den Krieg in die Länge zu ziehen – mit sehr hohen Kosten, sowohl für das Land selbst als auch für den Westen. «Dass wir die Ukraine militärisch, politisch und wirtschaftlich unterstützen, ist richtig», betont Vad. «Doch wir dürfen dabei nicht so weit gehen, dass wir uns selbst zerstören.» Vad spricht dabei einerseits von einer möglichen militärischen Eskalation mit der Nuklearmacht Russland, aber auch von den wirtschaftlichen Folgen, etwa den steigenden Energiepreisen und der Teuerungsrate.
Unterstützung statt Bevormundung
Dass man sich mit dieser Position nicht beliebt macht, hat Erich Vad deutlich zu spüren bekommen. In den letzten Monaten wurde er heftig dafür kritisiert. Auch im «Club» bekam er Gegenwind, unter anderem von Pälvi Pulli, Chefin Sicherheitspolitik im Verteidigungsdepartement (VBS). «Die Ukraine ist in einer Situation, in der sie darauf angewiesen ist, dass sie Waffen aus dem Westen bekommt», so Pulli. «Solange sich die Ukraine mutig gegen den Aggressor wehrt, hat sie Anspruch auf unsere Unterstützung und nicht auf Bevormundung.»
Doch in der Diskussion um Waffenlieferungen stellen sich nicht nur moralische, sondern auch praktische Fragen: Die Waffen müssen von Polen aus quer durch die Ukraine an die Ost-Front verlegt, Ersatzteile organisiert und Soldaten auf die neuen Systeme ausgebildet werden – alles unter den Augen des Gegners.
«Existenz der Ukraine steht auf dem Spiel»
Dass das eine grosse Herausforderung sei, sagt nicht nur Ex-General Vad, sondern auch Alexander Hug, seines Zeichens Offizier und von 2014 bis 2018 Vize-Leiter der OSZE-Mission in der Ostukraine. Hug ist aber dennoch überzeugt, dass der Westen die Pflicht habe, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen: «Denn für die Ukraine stehen nicht nur Menschenleben und Eigentum auf dem Spiel, sondern die Existenz des Landes.»
Doch was, wenn die Waffen nicht dort ankommen, wo sie eigentlich sollten? Auf diese Gefahr wies im «Club» die Friedensaktivistin und Mediatorin Lea Suter hin: «Wir müssen davon ausgehen, dass jene Partei, die ein Gelände einnimmt, auch die gelieferten Waffen einnehmen wird», warnte Suter – dass die Waffen also in die Hände der russischen Streitkräfte fallen könnten. Ein Argument, das Pälvi Pulli vom VBS nicht gelten lässt. Es sei zwar so, dass Waffenlieferungen solche «problematische Begleitphänomene» mit sich bringen könnten. Aber: «Wir dürfen nicht das grosse Bild aus den Augen verlieren. Es geht um die Werte der Schweiz und Europas, die in der Ukraine verteidigt werden.»
Die Sendung «Wie erreicht man den Frieden?» ist der erste Teil der «Club»-Sommerserie «Krieg und Frieden».