Krieg in der Ukraine - Kriegsverbrechen: Was ist strafbar und was nicht?
Nach den Gräueltaten in Butscha sind Kriegsverbrechen in aller Munde. Doch was bedeutet der Begriff? Wer kann angeklagt werden und von welchem Gericht? Eine Übersicht.
Wie wird ein Kriegsverbrechen definiert? Kriegsverbrechen sind schwere Verletzungen des humanitären Völkerrechts. Das humanitäre Völkerrecht sind vor allem die Genfer Konventionen sowie einige weitere Verträge. Konkret sind zum Beispiel der Einsatz verbotener Waffen wie etwa Streubomben, wie er in der Ukraine auch vorgekommen ist, der Einsatz bestimmter Methoden wie Hunger oder Heimtücke, der Angriff auf geschützte Personen, wie etwa Zivilpersonen, oder auch auf verbotene Objekte wie Spitäler oder Kernkraftwerke Kriegsverbrechen.
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Grauenhafte Bilder aus Butscha – die Welt ist schockiert
Aus SRF News Videos vom 04.04.2022.
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Wer kann ein Kriegsverbrechen begehen? Das humanitäre Völkerrecht unterscheidet in internationalen bewaffneten Konflikten und Kriegen zwischen zwei Personenkategorien: die kämpfende Truppe, die sogenannten Kombattanten, und Zivilpersonen. Das Grundprinzip ist, dass Kampftruppen – und nur sie – sich gegenseitig töten dürfen, ohne persönlich verantwortlich gemacht zu werden. Die Idee dahinter ist die Begrenzung durch Unterscheidung. Denn wenn nur Kampftruppen miteinander kämpfen, wird zumindest die Zivilbevölkerung verschont. Wenn ein Soldat aber eine Zivilperson tötet, ist es ein Kriegsverbrechen.
Klares Signal des höchsten UNO-Gerichts
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Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat angeordnet, dass Russland sofort die militärische Gewalt in der Ukraine beenden müsse. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen gab Mitte März einer Klage der Ukraine gegen Russland statt. Russland selbst blieb der Verlesung der Entscheidung im Friedenspalast fern.
Die Entscheidung des IGH ist das erste Urteil eines internationalen Gerichtes nach der Invasion Russlands vor knapp drei Wochen. Die Ukraine hatte das Dringlichkeitsverfahren angestrengt und Sofortmassnahmen gegen Russland gefordert.
Das Urteil ist theoretisch zwar bindend. Doch Moskau wird sich kaum an die Anordnung des IGH halten. Der Gerichtshof besitzt keine Machtmittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, ein Urteil umzusetzen.
Was gehört nicht zu den Kriegsverbrechen? Nicht jede Verletzung des humanitären Völkerrechts ist bereits ein Kriegsverbrechen. Die Schwere spielt eine Rolle. Diese ist nicht immer ganz einfach zu bestimmen. Zwar ist beispielsweise das Zurschaustellen von Kriegsgefangenen, wie es Russland der Ukraine vorwirft, klar eine Verletzung des humanitären Völkerrechts. Es beschädigt die Würde der Betroffenen. Aber es erreicht nicht den erforderlichen Schweregrad für ein Kriegsverbrechen. Mutmasslich passieren Kriegsverbrechen auf beiden Seiten.
Die drei internationalen Gerichte in Den Haag
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In der niederländischen Stadt Den Haag sind mehrere internationale Gerichte ansässig. Das sorgt gelegentlich für Verwirrung, denn die Namen ähneln sich sehr.
Internationaler Gerichtshof (IGH): Das ist das höchste Gericht der Vereinten Nationen mit Sitz im Haager Friedenspalast. Es soll Konflikte zwischen Staaten lösen. Seine Urteile sind bindend, eine Berufung ist nicht möglich. Doch es besitzt keine Machtmittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, ein Urteil umzusetzen.
Internationaler Strafgerichtshof (ICC): Auch dieses Gericht hat seinen Sitz in Den Haag, ist aber unabhängig von der UNO. Das Weltstrafgericht verfolgt individuelle Verdächtige wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Aggressionskrieg und Völkermord. Dieses Gericht kann Haftbefehle erlassen. Das Weltstrafgericht wird nicht von allen Staaten anerkannt.
UNO-Kriegsverbrechertribunal: Das ist ein von der UNO eingerichtetes Sondergericht und handelt die restlichen Fälle ab zu Kriegsverbrechen in Ruanda und dem früheren Jugoslawien. Es hat ebenfalls seinen Sitz in Den Haag.
Wer entscheidet, was ein Kriegsverbrechen ist? Ob es sich um ein Kriegsverbrechen handelt oder nicht, regelt grundsätzlich das humanitäre Völkerrecht. Im Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) gibt es einen ziemlich langen Katalog mit Kriegsverbrechen. Dieser stützt sich auf die internationalen Konventionen und auf die Praxis der Kriegsverbrechertribunale für Jugoslawien und Ruanda. Diese Tribunale wurden speziell für die begangenen Verbrechen in Jugoslawien und Ruanda geschaffen.
Wer dokumentiert mutmassliche Kriegsverbrechen? Hier spielen viele Akteure zusammen. In der Ukraine ist dies in erster Linie der ukrainische Staat, der ein grosses Interesse hat, dass die Verbrechen von russischer Seite dokumentiert werden. Aber auch die vom Personal her relativ kleine «Evidence Collecting Mission» des ICC, die ins Kriegsgebiet entsandt worden ist, ist wichtig bei der Dokumentation von Verbrechen. Auch andere Staaten helfen mit. Deutschland und die USA haben Unterstützung angekündigt. Hinzu kommen wissenschaftliche Akteure, die Menschenrechtsverletzungen dokumentieren, etwa Dokumentationszentren, UNO-Organe, das Büro des Menschenrechtshochkommissars. Heutzutage vermehrt auch Privatpersonen und Kollektive, die Drohnenaufnahmen machen.
Die Antworten basieren auf einem Interview mit Oliver Diggelmann, Völkerrechtsprofessor an der Universität Zürich, im Podcast Newsplus:
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Begehen Zivilisten mit Molotow-Cocktails Kriegsverbrechen?
17:19 min
Bild: SRF
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Wie prüft SRF die Quellen in der Kriegsberichterstattung?
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Die Informationen zum Ukraine-Krieg sind zahlreich und zum Teil widersprüchlich. Die verlässlichsten Quellen sind eigene Journalistinnen und Reporter anderer Medien vor Ort, denen man vertrauen kann. Weitere wichtige Quellen sind Augenzeugen – also Menschen vor Ort, die Eindrücke vermitteln können.
Besonders zu hinterfragen sind Informationen von Kriegsparteien. Denn alle Kriegsparteien machen Propaganda – in diesem Angriffskrieg vor allem die russischen, offiziellen Quellen. Die Aussagen der Kriegsparteien ordnen wir entsprechend ein. Grundsätzlich gilt bei SRF: Je schwieriger und unzuverlässiger die Quellenlage, desto wichtiger ist Transparenz. Umstrittene Fakten und Informationen, die nicht unabhängig überprüfbar sind, werden als solche kenntlich gemacht.
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