Israel lehnt es ab, der Ukraine Waffen oder sein Flugabwehrsystem zur Verfügung zu stellen. Das hat Staatsoberhaupt Izchak Herzog diese Woche beim Besuch in den USA erneut betont. Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski scheint Israel aber bereit zu sein, Geheimdienstinformationen mit der Ukraine auszutauschen. Wie genau Israel sich im Ukraine-Krieg positioniert, weiss Gisela Dachs, freie Journalistin in Tel Aviv.
SRF News: Hat sich Israel in Sachen Geheimdienstinformationen für die Ukraine tatsächlich bewegt?
Gisela Dachs: Es sieht wirklich so aus. Am Sonntag hatte die «New York Times» einen ukrainischen Regierungsvertreter noch anonym zitiert, der sagte, dass Israel seinem Land wertvolle nachrichtendienstliche Informationen über den russischen Einsatz von iranischen Drohnen liefern würde. Das wurde gestern offiziell vom ukrainischen Präsidenten bestätigt.
Der Grund für die Zurückhaltung liegt in Syrien.
Warum will Israel keine Waffen oder ein Flugabwehrsystem liefern?
Es gibt in Israel zumindest eine Debatte darüber, ob man nicht mehr tun könnte. Der Grund für die Zurückhaltung liegt in Syrien. Dort haben russische Truppen 2015 das Assad-Regime gestützt und sind seither dort geblieben. Aber auch der Iran ist den Verbündeten in Damaskus zur Seite gesprungen. Das Arrangement zwischen Israel und Russland war, dass Putins Soldaten jenseits der Grenze weggesehen haben, wenn die israelische Luftwaffe gegen den Einfluss Irans vorgegangen ist und iranische Stützpunkte oder Waffenlieferungen in der Nähe von Damaskus angegriffen hat. Die Sorge war, Moskau könnte diese Handlungsfreiheit einschränken. Das führte zur Zurückhaltung.
Inzwischen haben sich die Russen aus Syrien zurückgezogen. Wieso braucht Israel Russland noch als Partner?
Das Sicherheits-Establishment hat mehrere Gründe zur Zurückhaltung. Zum einen die geopolitische Lage. Aber da ist auch die Frage, was man aus operationellen Gründen genau liefern sollte. Und dann gibt es andere Stimmen, die sagen, dass man vielleicht auch nicht alles an die grosse Glocke hängen muss, was da tatsächlich passiert.
Israel liefert keine Waffen, aber bekennt sich in Worten immer wieder zur Ukraine. Was macht das mit dem Verhältnis zu Russland?
Als letzte Woche ein israelisches Kabinettsmitglied mehr Unterstützung für die Ukraine forderte, kam prompt eine Ansage von Dmitri Medwedew. Der ehemalige russische Regierungschef sagte, ein solcher Schritt würde alle politischen Beziehungen zwischen Russland und Israel zerstören. Am Donnerstagabend legte der russische Botschafter in den israelischen Nachrichten nochmals nach: Jede Entwicklung, die nicht die russischen Interessen berücksichtige, könnte die Beziehungen beschädigen. Waffenlieferungen seien ein besonders unfreundlicher Schritt, formulierte er diplomatisch.
Aber müsste Israel die Ukraine nicht stärker unterstützen, jetzt, wo Russland iranische Drohnen einsetzt?
Experten im Sicherheitsbereich erklären, dass man sich die Lieferung von Abwehrsystemen nicht so einfach vorstellen kann. Den israelischen Iron Dome irgendwo anders hinzubringen, sei nicht so einfach. Zudem könnte die Technologie in falsche Hände geraten oder selber zur Zielscheibe werden. Und allein für das Funktionieren eines solchen vielschichtigen Abwehrsystems bräuchte es Hunderte von ausgebildeten Soldaten.
Wenn israelische Soldaten mit in die Ukraine gingen, würde Israel mitkämpfen und zur Zielscheibe werden.
Eine einzige Batterie kann in Israel eine mittelgrosse Stadt schützen. Die Ukraine ist im Vergleich zu Israel riesig, man bräuchte Dutzende solcher Batterien. Wo sollen die herkommen? Wenn zudem israelische Soldaten mit in die Ukraine gingen, um das System zum Funktionieren zu bringen, würde Israel richtig mitkämpfen und zur Zielscheibe werden.
Das Gespräch führte Vera Deragisch.