Dienstgrade spielen im militärischen Alltag eine wichtige Rolle. Alle, die mal in der Rekrutenschule waren, können ein Lied davon singen. Erst recht als Verteidigungsministerin sollte man die Bedeutung der Streifen und Winkel auf den Uniformen kennen. Doch Christine Lambrecht, so sagt man, fragte bei Dienstantritt: «Muss ich das jetzt wirklich lernen?» Die Herren Offiziere waren düpiert. Mindestens.
Diese kleine Anekdote widerspiegelt Christine Lambrechts Amtsverständnis gut. Sie wollte nämlich Innenministerin werden – die Verteidigung war für sie nicht viel mehr als ein Trostpreis. Pannen reihen sich seit einem Jahr an Pleiten und Pech.
Die unbeliebteste Politikerin Deutschlands
Zuletzt sorgte Lambrecht mit ihrem Silvester-Video für Entsetzen in Berlin. Auf Instagram inszenierte sie sich vor dem Jahreswechsel mitten im Berliner Feuerwerksgetöse. Auf den ersten Blick hätte man glauben können, sie stünde im Bombenhagel von Kiew. Der Ton des Videos war schlecht, aber die Bugwelle des folgenden Satzes fegte durch die ganze Polit- und Medienlandschaft Deutschlands: «Mitten in Europa tobt ein Krieg und damit verbunden waren für mich ganz viele besondere Eindrücke, die ich gewinnen konnte, viele, viele Begegnungen mit interessanten, tollen Menschen.»
Das also nimmt die Ministerin mit aus diesem fürchterlichen Jahr? Dank Putins Angriff auf die Ukraine hat sie viele nette Leute getroffen? Sogar Parteifreunde distanzierten sich. Ihr eigenes Ministerium beteuerte: Dafür flossen keine Steuergelder. Sie habe es ganz alleine gemacht. Es war furchtbar.
Doch Scholz hält an Lambrecht fest. Je grösser der Druck, desto sturer ist Scholz, damit kokettiert er sogar. Doch auch der Kanzler weiss: Lange ist das nicht mehr durchzuhalten, zu gross die Peinlichkeit. Neuesten Umfragen zufolge ist Lambrecht die unbeliebteste Politikerin Deutschlands – sogar hinter den AfD-Leuten. Der Horror.
Weitere Problemkinder in der Ministerrunde
Doch Lambrecht ist nicht das einzige Problem des Kanzlers. Gesundheitsminister Lauterbach tritt ebenfalls von einem Fettnapf in den nächsten. Masken-Chaos, Corona-Wirren – und zuletzt twitterte Lauterbach nach den Berliner Silvester-Krawallen, man solle den Straftätern die Wohnung wegnehmen. Ein bisschen Polemik in allen Ehren – aber so einen Unsinn sollte ein Minister der grössten Wirtschaftsnation Europas (und einem Rechtsstaat, natürlich) unterlassen.
Wenn Scholz in seine Ministerrunde guckt, sieht er also: Zwei Problemkinder – und dazu noch eine vor dem Absprung. Innenministerin Nancy Faeser nämlich möchte vielleicht nächste Ministerpräsidentin von Hessen werden. Sie will sich bald entscheiden – doch im politischen Berlin gilt es als praktisch sicher: Sie will. Gehen.
Dieser Abgang würde Scholz Grund für eine Kabinettsumbildung bieten. Quasi gesichtswahrend könnte er Lambrecht loswerden und Lauterbach zumindest eine Botschaft senden, Grenzen vergegenwärtigen. Bis spätestens Anfang Februar soll sich Faeser für Hessen entscheiden. Noch drei Wochen also, dann knallt's am Kabinettstisch.
Lambrecht noch Monate, Jahre im Amt zu behalten – so stur ist nicht einmal Kanzler Scholz. Und das will etwas heissen.