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SPD in der Krise Olaf Scholz, die Helikopter-Mutter und das Düsseldorf-Problem

Als typisches Erdbebengebiet gilt Düsseldorf nicht. Die Stadt am Rhein ist genug weit von der Niederrheinischen Bucht im Südwesten entfernt, die zu den am stärksten gefährdeten Erdbeben-Gebieten im Mitteleuropa zählt.

Glück gehabt. Doch ab und an gibt es dennoch Schockwellen aus Düsseldorf, die sogar in Berlin zu spüren sind. Nach Landtagswahlen zum Beispiel. Als die SPD 2005 die Hochburg NRW verlor, rief der damalige Kanzler Gerhard Schröder Neuwahlen aus. Das ging aus seiner Sicht gründlich schief – es war der Moment für Angela Merkel und ihre folgenden 16 Regierungs-Jahre.

So weit sind wir jetzt noch nicht – aber der «Düsseldorf-Moment» macht drei offensichtliche Probleme Scholz’ sichtbar.

1. Kommunikationsproblem

Scholz «scholze» vor sich hin, sagen böse Zungen. Er entscheide nicht. Liefere zum Beispiel erst dann Panzer in die Ukraine, wenn es gar nicht anders geht, wenn die eigenen Koalitionäre aus FDP und Grünen Sturm laufen, den Kanzler quasi erpressen.

Scholz wird eher als moderierender, denn als regierender Kanzler wahrgenommen. Das war immer schon ein Scholz-Prinzip, es hat lange funktioniert. Doch jetzt wünschen sich die Menschen klare Kante. Es ist Krieg in Europa, die Verunsicherung ist gross, nicht nur in Deutschland. Die ganzen Kommunikations-Stäbe im Kanzleramt sind also gefordert. Ob es ihnen gelingen wird, einen neuen Scholz zu erfinden, ist aber fraglich.

2. «Helikopter-Mutter»: Personalprobleme

Ein richtig glückliches Händchen bei der Personalauswahl hatte Scholz bisher nicht. In der Kritik allen voran: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Es ist Krieg – und in der öffentlichen Wahrnehmung tut Lambrecht nichts. Das stimmt so absolut gesagt natürlich nicht – aber eine erste Blamage lieferte sich die Ministerin, als sie der Ukraine 5000 Helme anbot. Für die Soldaten im russischen Kugelhagel. Ein Witz, der für viel Spott sorgte.

Dann kam letzte Woche die «Helikopter-Mutter-Affäre»: Lambrecht nahm ihren Sohn im Bundeswehr-Heli mit, man plante ein paar Ferientage auf Sylt. Unterwegs, um den dienstlichen Charakter der Reise zu betonen, besuchte Lambrecht einen nahegelegenen Bundeswehr-Stützpunkt. Alles so weit legal, die Ministerin darf das, wenn sie die Reise des Familienmitglieds bezahlt. Doch der 21-jährige Sohn postete ein Selfie (auf dem man die technischen Einzelheiten des Heli-Cockpits sah) auf Instagram. Kam natürlich gar nicht gut an.

Und im neuesten «Spiegel» meckern Mitarbeiter, die Chefin komme erst «gegen neun» und sei nachmittags oft schon wieder weg. Derweil warten Generäle auf Anweisungen, auf Pläne, wie die militärische Zukunft Deutschlands angesichts der von Scholz ausgerufenen «Zeitenwende» zu gestalten sei. Lambrecht steht mehr als auf der Kippe. Schon bald könnte sie einem Scholz’schen Befreiungsschlag zum Opfer fallen.

3. Kraftstrotzende Grüne

In NRW haben die Grünen einen sensationellen Wahlerfolg verbuchen können. In den Beliebtheits-Rankings liegen die beiden Grünen Kabinettsmitglieder Robert Habeck und Annalena Baerbock weit vorne. Wer ist hier eigentlich der Chef? Wenn es um Rückhalt im Wahlvolk (nicht nur in NRW) geht, liegt Scholz weit zurück. Das sowieso schon grosse Selbstbewusstsein der Grünen wird fast stündlich noch grösser – Scholz braucht dringend eigene Erfolge.

Auf der Erdbebenkarte ist Berlin ein weisser Fleck. Auf dem flachen Land bebt es nicht. Aus geologischer Perspektive. Die politische ist eine andere – Scholz weiss das. Wenn er jetzt nichts tut, dann sind sie da, die Schockwellen.

Stefan Reinhart

Leiter Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten

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Stefan Reinhart ist Leiter der Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten und Chef vom Dienst im Newsroom Zürich. Zuvor war er Deutschland-Korrespondent für SRF.

Hier finden Sie weitere Artikel von Stefan Reinhart und Informationen zu seiner Person.

Tagesschau, 15.05.202, 19:30 Uhr

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