- In der Südkaukasus-Republik Armenien spitzt sich die innenpolitische Krise zu.
- Das Militär stellt sich auf die Seite der Opposition und fordert den Rücktritt von Regierungschef Nikol Paschinjan.
- Der Regierungschef spricht daraufhin vom «Versuch eines Militärputsches».
Das werde aber nicht klappen, sagte der Regierungschef vor seinen Anhängern in der Hauptstadt Eriwan. «Alles wird friedlich enden.» Die Lage sei «unter Kontrolle». Er habe zudem nicht vor, mit seiner Familie das Land zu verlassen.
Am Nachmittag schlossen sich Zehntausende Menschen einer Kundgebung der Opposition an. Ebenso viele gingen zur Unterstützung Paschinjans auf die Strasse. Rund um das Verteidigungsministerium war ein grosses Aufgebot an Polizisten im Einsatz. Beobachter sprachen von einer angespannten Situation. Sie rechneten aber nicht mit einem Rücktritt. Darüber müsse das Volk entscheiden, sagte Paschinjan.
Opposition fordert Rücktritt
Die grösste Oppositionspartei «Blühendes Armenien» forderte Paschinjan eindringlich auf, seinen Posten zu räumen, und warnte ihn vor einem Blutvergiessen. Vertreter der Opposition wollten die kommende Nacht auf dem zentralen Freiheitsplatz in Eriwan verbringen. Sie seien auf den Kampf vorbereitet, sagte ein Sprecher. Präsident Armen Sarkissjan rief seine Landsleute zur Zurückhaltung auf.
Das Militär bekräftigte in einem weiteren Schreiben die Rücktrittsforderung. Dies sei die klare Position der Generäle und Offiziere, heisst es in einer Erklärung, aus der armenische Medien zitierten. Paschinjan nannte dies eine «emotionale Reaktion» des Militärs. Er wollte zudem Generalstabschef Onik Gasparjan entlassen.
Die Nato hat die politischen Lager im Partnerland Armenien zu einer friedlichen Lösung aufgefordert. «Es ist wichtig, alle Worte und Taten zu vermeiden, die zu einer weiteren Eskalation führen könnten», teilte Bündnissprecherin Oana Lungescu am Donnerstagabend mit. Die Nato beobachte die Entwicklungen in Armenien sehr genau. Die politischen Differenzen müssten friedlich und demokratisch und im Einklang mit der armenischen Verfassung gelöst werden.
Ursprung im Berg-Karabach-Konflikt
Paschinjan steckt seit dem Ende der Kämpfe um die Konfliktregion Berg-Karabach vor mehr als drei Monaten in einer schweren Krise, weil die Opposition ihn persönlich für die Niederlage gegen Aserbaidschan verantwortlich macht. Seit Wochen gibt es schon Proteste.
In dem jüngsten Krieg um Berg-Karabach vom 27. September bis 9. November holte sich das muslimisch geprägte Aserbaidschan weite Teile des anfangs der 1990er verlorenen Gebiets zurück.
Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte laut Agentur Interfax in der russischen Hauptstadt Moskau, man beobachte die Situation in Armenien «mit Besorgnis». Das russische Aussenministerium appellierte, die Lage friedlich zu lösen. Die Türkei verurteilte den «Putschversuch».