Die Lage in Venezuela spitzt sich weiter zu. Selbst wenn am Mittwoch Massen von Maduro-Gegnern auf die Strassen gehen sollten, wird dieser das Feld nicht räumen wollen. Das Parlament mit bürgerlicher Mehrheit ist de facto entmachtet, es versucht aber hartnäckig, neue Fakten zu schaffen: Es beschuldigt Präsident Nicolás Maduro, seine zweite Amtszeit widerrechtlich auszuüben.
Dieser hatte Mai letzten Jahres Wahlen gewonnen, an denen einzelne Oppositionskandidaten gar nicht teilnehmen durften, und die viele westliche Länder deshalb als Farce bezeichnen. Die Bürgerlichen wollen jetzt die Streitkräfte oder Teile von ihnen gegen das Regime aufbringen und erreichen, dass Maduro abgesetzt wird.
Polizisten-Aufstand niedergeschlagen
Erst am Montag hatten sich 40 Polizeiangehörige erfolglos gegen Maduro aufgelehnt. Binnen Stunden war der Aufstand durch regimetreue Truppen niedergeschlagen. Auch die erwartete Kettenreaktion ist ausgeblieben: Weder Armeeeinheiten noch Zivilisten mochten sich den Meuterern anschliessen.
Viele westliche Länder, darunter die Vereinigten Staaten, anerkennen das kaltgestellte bürgerliche Parlament als einzige legitime Institution in Venezuela. Wohl hat Maduro kaum mehr Rückhalt im Volk; das Erdölland steckt mit Hunger, Güterknappheit und Hyperinflation in einer beispiellosen Krise.
Doch ausser Parolen haben die Bürgerlichen den Armen nicht viel zu bieten. Maduros Regime hingegen hilft den Notleidenden mit kleinen Lebensmittelpaketen, fordert dafür aber auch Regierungstreue ein. Das ist zusammen mit der breiten Unterdrückung der Hauptgrund, dass die Agonie in Venezuela weiter andauert.