«Es gibt keine Lösung», sagt dieser Händler im internationalen Handelszentrum von Yiwu. Man weiss nicht genau, ob er lacht oder weint. Seine Verzweiflung jedenfalls ist gross.
Er verdiene kaum noch Geld. Seit drei Jahren. Seit China die Grenzen dichtgemacht hat, wegen Corona. Normalerweise kämen Importeure aus aller Welt hier vorbei. Jetzt sei kaum jemand da.
Weihnachtsschmuck während 365 Tagen im Jahr
Wir gehen die Gänge runter im riesigen Gebäude und steigen die Treppen hoch – die Rolltreppen sind ausgeschaltet. Im vierten Stock der 300 Fussballfelder grossen Anlage hängt der Weihnachtsschmuck während 365 Tagen im Jahr: Leuchtende Rentiere, Stoffsamichläuse, jeglicher Schmuck für den Christbaum, aber auch Plastikschneemänner, Weihnachtssterne und Christbäume aus Plastik – alles, was an Weihnachten aufgestellt und aufgehängt wird, findet man in Yiwu.
Zum Beispiel bei Lu Min Ying. Sie führt den Ausstellungsraum eines Plastikbaumherstellers: «Früher kamen die Kunden in Wellen. Besonders im Februar und März standen sie bei uns Schlange, um ihre Bestellungen aufzugeben. Die Gänge hier waren brechend voll.»
Wer die Bäume physisch sieht, bestellt tendenziell mehr.
Sie, die seit 20 Jahren Plastiktannen verkauft, zupft bei einem zwei Meter hohen Baum die Äste zurecht. Für wen, ist nicht klar. Denn weit und breit sind keine Kunden zu sehen.
Immerhin bestellten ihre Stammkunden noch online. Neue Kunden gewinnen sei aber kaum möglich und neue Produkte zu vermarkten auch schwierig, wenn man nur Bilder und Videos davon zeigen könne. Wer die Bäume vor Ort anschaue, bestelle tendenziell mehr, sagt Lu Min Ying.
Händler schliessen
Sie schaut den leeren Gang runter und erzählt, dass viele, die neu ins Weihnachtsbusiness eingestiegen sind, in den letzten Jahren wieder schliessen mussten. Wie viele der Weihnachtshändler dicht gemacht haben, will weder der Betreiber des Marktes noch dessen Muttergesellschaft sagen. Auch das Propaganda-Ministerium in Yiwu gibt sich zugeknöpft.
Gemäss Propaganda-Behörde der Stadt stammen 80 Prozent der weltweit verkauften Weihnachtsartikel aus Yiwu. Über 20'000 verschiedene Produkte, die in alle Ecken und Enden der Welt gehen.
Im Jahr vor der Pandemie machten die Weihnachtshändler umgerechnet rund 280 Millionen Franken Umsatz. Dieses Jahr sind es gemäss offiziellen Zahlen zehn bis 15 Prozent weniger. Es sind Zahlen, die nicht überprüfbar sind. Einzig der Eindruck bleibt: die leeren Gänge, die geschlossenen Verkaufsflächen, die stillstehenden Rolltreppen, das Klagen Händler.
Weihnachtswunsch: bessere Geschäfte
Vom Weihnachtsmann wünsche sie sich bessere Geschäfte, sagt eine andere Frau, die mit Nikoläusen handelt. Vom Anhänger bis zum lebensgrossen Samichlaus – auf Skiern, im Schlitten, mit Saxofon – gibt es alles.
Weihnachten feiert sie selbst nicht: «Bei uns gibt es diese Tradition nicht. Weihnachten ist ein Geschäft. Wir verkaufen Weihnachtsartikel.» Und wie sie hoffen viele der Händlerinnen und Händler hier, dass sie bald wieder mehr verkaufen. Jetzt, wo China die Covid-Massnahmen lockert. Die Samichläuse und Plastiktannen stehen auf jeden Fall schön drapiert bereit.