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Kritik am Konklave «Auch Frauen sollten mitbestimmen, wer den Papst wählt»

Frühestens ab dem 5. Mai werden sich die wahlberechtigten Kardinäle fürs Konklave in die Sixtinische Kapelle zurückziehen. Und sobald weisser Rauch aufsteigt, ist ein neuer Papst gewählt. Das kann Tage, aber auch viel länger dauern. Doch an dem Verfahren gibt es auch Kritik – etwa vom österreichischen Theologen und Priester Paul Michael Zulehner.

Paul Michael Zulehner

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Der österreichische Theologe und Priester Paul Michael Zulehner gilt als pointierter Kommentator der Geschehnisse innerhalb der katholischen Kirche.

SRF News: Nach welchem Prozedere läuft die Papstwahl genau ab?

Paul Michael Zulehner: Die Tradition stammt aus dem Mittelalter. Man wollte die Kardinäle mit dem Einschliessen unter Druck setzen, möglichst rasch einen neuen Papst zu wählen. Auch dieses nun anstehende Konklave wird also mit «Extra omnes» – in etwa: «Alle raus, die bei der Wahl nichts verloren haben!» –, beginnen. Nur die Kardinäle bleiben drinnen, in Rufweite gibt es Wachleute und ärztliche Hilfe.

Kardinäle in roter Kleidung betreten die Sixtinische Kapelle.
Legende: Die Kardinäle betreten am 12. März 2013 die Sixtinische Kapelle, um nach dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. ein neues Kirchenoberhaupt zu wählen. Einen Tag später steigt weisser Rauch aus dem Kamin der Kapelle auf: Gewählt war Jorge Mario Bergoglio, der jetzt verstorbene Papst Franziskus. Reuters/Ossevatore Romano/Archiv

Sie selber sagen, dieses Konklave gehöre ins Mittelalter – was stört Sie an dem Verfahren?

Erneut werden 153 Männer bestimmen, wer aus ihren Reihen der neue Papst wird. Es stellt sich die Frage, ob beispielsweise bei einer Synode der Weltkirche nicht auch Frauen in die Beratung und Entscheidung über das Kirchenoberhaupt miteinbezogen werden könnten.

Es ist vorstellbar, dass bei den Versammlungen auf den Kontinenten auch Frauen mitbestimmen, wer als Delegierte oder Delegierter zur Papstwahl in Rom entsandt wird.

Sie möchten also einen inklusiveren Prozess bei der Papstwahl?

Der Papst hat die Kirche dezentralisiert, um sie näher an die Kulturen und Kontinente heranzuführen. Und da ist vorstellbar, dass bei den Versammlungen auf den Kontinenten auch Frauen mitbestimmen, wer als Delegierte oder Delegierter zur Papstwahl in Rom entsandt wird – anstelle des mittelalterlichen Konklaves mit den Kardinälen als Wahlgremium. Das wäre viel kirchlicher und synodaler.

Aber lebt die Kirche nicht gerade von solchen öffentlichen Ritualen wie dem Konklave?

Das schon – aber man könnte auch die Delegierten aus den regionalen Patriarchaten zur Wahl eines neuen Papstes einsperren. Und wenn sich die Frauen aus Südamerika oder sonst woher bunt anziehen, bleibt auch die Farbpracht erhalten – auch wenn es nicht mehr bloss das Kardinalsrot ist.

Die Kirche ist eine Kirche für alle von allen.

Was würde es bewirken, wenn nicht mehr die Kardinäle, sondern Delegierte der verschiedenen Kirchen den Papst wählen würden?

Es wäre eine Bereicherung durch die Vielfalt. Die Weltkirche besteht aus so vielen unterschiedlichen Kulturen, aus Frauen und aus Männern, aus Menschen mit anderer sexueller Orientierung – wenn man das für die Kirche nutzbar macht, kann ihr das nicht schaden. Ich denke, früher oder später wird das so kommen. Denn die Kirche ist eine Kirche für alle von allen.

Ist die katholische Kirche für eine solche Veränderung bereit?

Diese Diskussionen laufen. Und es ist vollkommen klar, dass in der Zukunft Bischöfe gewählt werden – wie das etwa in der Schweiz seit langem üblich ist. Das Kirchenvolk wird an der Wahl eines Bischofs beteiligt werden, an Synoden werden auch Frauen und Männer mitberaten. Das alles muss nur noch kirchenrechtlich bestätigt werden – und warum soll dereinst nicht auch der Papst so gewählt werden?

Es geht also um eine Demokratisierung der Kirche?

Ja, sogar um eine Synodalisierung der Kirche – das bedeutet die Beteiligung aller, aufgrund des Hinhörens auf den Heiligen Geist. Dabei soll es im Gegensatz zur Demokratie keine Verlierer geben. Aber natürlich kann man demokratische Züge der qualifizierten Beteiligung einbauen.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

Echo der Zeit, 25.4.2025, 18 Uhr ; 

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