- Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht will laut übereinstimmenden Medienberichten offenbar bald zurücktreten.
- Das Verteidigungsministerium will die Berichte nicht kommentieren, da diese Gerüchte seien, lässt ein Sprecher ausrichten.
Die «Bild»-Zeitung, die «Süddeutsche Zeitung» und ntv berichteten am Freitagabend, die SPD-Politikerin wolle zurücktreten. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärte am Abend, dies seien Gerüchte, die nicht kommentiert würden. Allerdings erhielt die Deutsche Presseagentur von mehreren Seiten Hinweise darauf, dass Lambrecht in der kommenden Woche über das Amt entscheiden könnte.
Sachkenntnis und öffentliches Auftreten kritisiert
Im Fall eines Rücktritts müsste ein nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs zentraler Posten im Ampel-Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) neu besetzt werden. Sprecher von Bundesregierung und SPD wollten sich nicht zu den Berichten äussern.
An Lambrechts Amtsführung gab es immer wieder grosse Kritik, die oppositionelle Union hatte wiederholt ihren Rücktritt verlangt. Kritiker hatten ihr etwa die schleppend angelaufene Beschaffung für die Bundeswehr oder fehlende Sachkenntnis, aber auch ihr Auftreten in der Öffentlichkeit vorgeworfen. So machte ein Foto ihres Sohnes auf Mitreise in einem Bundeswehrhubschrauber Negativschlagzeilen. Zuletzt sorgte eine auf Instagram verbreitete Neujahrsbotschaft, in der Lambrecht begleitet von Silvesterfeuerwerk über den Ukraine-Krieg sprach, für Irritationen.
Kanzler Scholz hält zu Lambrecht
Das Verteidigungsministerium ist infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zusätzlich in den Fokus gerückt. Die deutsche Bundesregierung hatte als Reaktion ein 100-Milliarden-Euro-Programm aufgelegt, um die Bundeswehr besser auszurüsten – die Modernisierung der Streitkräfte ist eine Mammutaufgabe. Auch bei der Unterstützung der Ukraine spielt das Verteidigungsministerium eine wichtige Rolle.
Mitte Dezember hatte Kanzler Scholz seine Verteidigungsministerin in Schutz genommen. «Die Bundeswehr hat eine erstklassige Verteidigungsministerin», sagte Scholz damals der «Süddeutschen Zeitung». «Über manche Kritik kann ich mich nur wundern.» Es gehe jetzt darum, die Bundeswehr langfristig zu stärken und sie verlässlich mit Waffen und Munition auszurüsten.
Union: Rücktritt als «versöhnlicher Schlusspunkt»
Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn, begrüsste einen möglichen Rücktritt Lambrechts als «positive Aussicht» für die Bundeswehr. «Ich hätte grössten Respekt vor einem solchen Schritt», sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. «Das wäre ein versöhnlicher Schlusspunkt und eine positive Aussicht für unsere Bundeswehr.»
Lambrecht hatte das Verteidigungsministerium mit dem Start der Ampel-Regierung im Dezember 2021 übernommen. Zuvor war sie im letzten Kabinett von Angela Merkel (CDU) Bundesjustizministerin gewesen, nach dem Rücktritt von Franziska Giffey hatte sie zusätzlich das Familienministerium geführt.