- Der ehemalige sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow ist nach Angaben russischer Agenturen gestorben.
- Wie Tass und Interfax am späten Dienstagabend aus Moskau meldeten, starb Gorbatschow im Alter von 91 Jahren.
- Der weltweit geschätzte Politiker galt als einer der Väter der Deutschen Einheit und als Wegbereiter für das Ende des Kalten Krieges.
- Die Beerdigung von Gorbatschow findet am Samstag statt.
«Heute Abend ist nach schwerer und langer Krankheit Michail Sergejewitsch Gorbatschow gestorben», teilte das Zentrale klinische Krankenhaus (ZKB) in Moskau mit.
Besonders die Ostdeutschen verehren «Gorbi», wie sie ihn nennen, bis heute als Staatsmann, der ihnen vor mehr als drei Jahrzehnten die Freiheit brachte. In den 1980er-Jahren hatte die Sowjetunion unter Gorbatschows Führung mit den USA wegweisende Verträge zur atomaren Abrüstung und Rüstungskontrolle geschlossen.
In seiner Heimat hatte Gorbatschow als Generalsekretär der Kommunistischen Partei mit seiner Politik von «Glasnost» (Offenheit) und «Perestroika» (Umgestaltung) einen beispiellosen Reformprozess eingeleitet. Das brachte den Menschen in dem totalitären System bis dahin nie dagewesene Freiheiten.
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Bild 1 von 8. Michail Gorbatschow war 1985 bis 1991 Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) und von März 1990 bis Dezember 1991 Präsident der Sowjetunion. Durch seine Reformpolitik läutet er das Ende des Kalten Krieges und den Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion ein. (Bild von 1993). Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 8. Dezember 1988: Mitglieder des sowjetischen Politbüros wählen zuerst den sowjetischen Präsidenten Andrei Gromyko ab (unterste Reihe in der Mitte). Michail Gorbatschow (unterste Reihe rechts) wird danach zum neuen Staatspräsidenten gewählt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 8. Aussenpolitisch betrieb Gorbatschow eine Entspannungsdiplomatie, die zur Verbesserung der sowjetisch-amerikanischen Beziehungen und schliesslich zur Beendigung des Kalten Krieges führte. Das Bild zeigt Gorbatschow 1986 mit dem damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan. Die beiden Politiker entschieden damals, intensiv miteinander zu reden. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 8. Die von Gorbatschow begonnene Reformpolitik der Glasnost (Offenheit) und der Perestroika (Umbau) zielte auf eine grundlegende wirtschaftliche und gesellschaftliche Erneuerung der Sowjetunion. Im Bild: Ein letzter Wortwechsel mit Reagan nach zweitägigen Gesprächen am 12. Oktober 1986 in Finnland. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 8. Abrüstung war für Gorbatschow ein zentrales Thema. Er wollte damit nicht zuletzt auch die extrem hohen Kosten für die sowjetische Rüstungsindustrie und das Militär reduzieren. Im Bild: Gorbatschow und Reagan unterzeichnen 1987 den Washingtoner Vertrag zur Vernichtung nuklearer Mittelstreckensysteme. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 8. Die von Gorbatschow betriebene Abkehr vom Vormachtanspruch der UdSSR innerhalb des Ostblocks ermöglichte den gesellschaftlichen Wandel in Mittel- und Osteuropa. Dafür erhielt er den Friedensnobelpreis. Nach dem Mauerfall 1989 stimmte die UdSSR der Wiedervereinigung Deutschlands zu. Im Bild: Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl mit Gorbatschow. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 8. Die Perestroika zeichnete sich durch Experimente und Improvisationen aus, bei denen Gorbatschow zunehmend unter Druck geriet. Ein gegen ihn gerichteter Putsch konservativer Politiker und Militärs im August 1991 scheiterte am Widerstand der politischen Opposition um Boris Jelzin (im Bild rechts), dem Präsidenten der Russischen Föderation. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 8. Gorbatschow trat Ende August 1991 als KPdSU-Chef zurück. Nach der Gründung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) im Dezember 1991 und der damit besiegelten Auflösung der UdSSR gab er an Weihnachten 1991 auch das Präsidentenamt auf. Danach gründete er einen Fonds für soziale, wirtschaftliche und politische Forschungen (Gorbatschow-Stiftung). Bildquelle: Keystone.
Nobelpreis für Reformkurs
1990 erhielt Gorbatschow für seine mutigen Reformen den Friedensnobelpreis. Der politische Prozess führte zu massiven Umbrüchen in allen Republiken der Sowjetunion und letztlich zu einem Zusammenbruch des kommunistischen Imperiums. Ein Grossteil der russischen Bevölkerung sah den früheren Partei- und Staatschef stets als Totengräber der Sowjetunion – und als einen Politiker ohne Machtinstinkt. Gorbatschow trat als Präsident der Sowjetunion 1991 zurück, bevor sich der Staat wenig später selbst auflöste.
Der neue starke Mann in Moskau wurde dann der russische Präsident Boris Jelzin (1931 – 2007).
Bis zu seinem Tod hatte Gorbatschow sich um seine eigene politische Stiftung in Moskau verdient gemacht. Die Organisation setzt sich für demokratische Werte und eine Annäherung Russlands an den Westen ein. Gorbatschow schrieb zahlreiche Bücher – zuletzt unter anderem auch über seine Enttäuschung von Deutschland und dem Westen. Konkret beklagte er dabei, dass neue Feindbilder gegen Russland gezeichnet würden.
Zu den Feiern zum 30. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer im Herbst 2019 war Gorbatschow aus gesundheitlichen Gründen nicht angereist. Er musste in den vergangenen Jahren immer wieder im Spital behandelt werden.
Der Politiker war Miteigentümer der kremlkritischen Zeitung «Nowaja Gaseta», die immer wieder Missstände in Russland aufdeckt. Gorbatschow hatte in den vergangenen Jahren Kremlchef Wladimir Putin mehrfach aufgefordert, die Freiheit der Medien und Wahlen nicht weiter einzuschränken.
Der Staatsmann wird in Moskau auf dem Neujungfrauenfriedhof für Prominente beerdigt – neben seiner Frau Raissa.