Darum geht es: Russland hat nach der Niederlage in einem Rechtsstreit seine Gaslieferungen an Österreich wie angekündigt eingestellt. Dies bestätigte die Sprecherin des Energieunternehmens OMV mit Sitz in Wien, Sylvia Shin, der Deutschen Presse-Agentur. Das russische Unternehmen Gazprom hatte den Lieferstopp mit nur gut zwölf Stunden Vorwarnung für Samstag, 6 Uhr angekündigt.
Der Vorlauf: Dem abrupten Lieferstopp ging ein Rechtsstreit zwischen beiden Firmen über Lieferunterbrechungen voraus. Ein Schiedsgericht unter den Regeln der internationalen Handelskammer hatte der OMV Schadenersatz von 230 Millionen Euro zugesprochen. Das Unternehmen wollte die Summe mit laufenden Gazprom-Lieferungen verrechnen. Es hatte sich aber darauf eingestellt, dass Gazprom mit einem Lieferstopp reagiert.
Die Reaktionen: Die OMV, die in Österreich einen Marktanteil von etwa 40 Prozent hat, gab Entwarnung: Alle Kunden könnten vollständig mit nicht-russischem Gas beliefert werden. Österreich habe vorgesorgt, sagte Kanzler Karl Nehammer schon am Freitagabend auf der Plattform X. Man habe andere Lieferanten gefunden, dank derer die Gasspeicher zum Winterbeginn zu rund 90 Prozent gefüllt seien. Allein diese Menge reiche dem Land für rund ein Jahr. «Niemand wird im Winter frieren», versicherte Nehammer. Der Konzern Gazprom hat eine Stellungnahme bislang abgelehnt.
Die Deutung: Nehammer betonte, man habe seit dem Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine einen Lieferstopp erwartet. Gazprom habe immer wieder zugesagtes Gas nicht geliefert, um Druck auf Österreich auszuüben. «Wir lassen uns von niemandem erpressen, auch nicht vom russischen Präsidenten», so Nehammer. Zum Jahresende läuft der Transitvertrag aus, der die Durchleitung von russischem Erdgas über Pipelines durch die Ukraine regelt. Diese Route stellt die wichtigste Verbindung für russisches Gas nach Österreich dar.
Weitere Schritte: Künftig solle das Gas zur Versorgung des Landes aus Norwegen, aus eigener Produktion oder in Form von Flüssigerdgas per Schiff über Deutschland oder Italien kommen, liess Nehammer verlauten.
Politischer Kontext: Österreich bezog nach dem Vollangriff der Russen auf die Ukraine im Februar 2022 bis zuletzt als eines der letzten EU-Länder den Grossteil seines Erdgases aus Russland. 82 Prozent waren es noch im August. Nun beliefert Russland in nennenswertem Umfang nur noch Ungarn und die Slowakei.