Das Modehaus Sagmeister hat einen Tisch und zwei Stühle vor den Eingang gestellt. Dort sitzt der Geschäftsführer mit seiner Angestellten und langweilt sich. Die Sonne scheint, aber Kunden sind kaum in Dornbirn unterwegs. Die Stadt hat wenig Anziehungskraft. Der Wochenmarkt findet nicht statt, Cafés und Restaurants sind zu. Vor allem: Die Touristen aus der nahen Schweiz dürfen nicht ins Land.
Nur Masken werden gekauft
Clemens Sagmeister bittet in den Laden. Natürlich erst, nachdem beide den Mundschutz umgebunden haben. Die Polizei kontrolliert, es gibt hohe Strafen. Und nicht nur dafür. «Schon fünf Minuten nach der Geschäftsöffnung hat uns ein Mitbewerber angezeigt, weil er meinte, unser Laden sei grösser als die erlaubten 400 Quadratmeter», berichtet Sagmeister. «Das hat sich schnell als unwahr erwiesen. Die Polizei rückte wieder ab.»
Kleider verkauft Sagmeister derzeit wenig. Das einzige, was gut weggeht, sind Mundschutz-Masken. Die stellt Sagmeister selbst her. Es gibt sogar Modelle aus edlem Tuch.
Andere Länder in Zugzwang
Österreich prescht vor. Als erstes Land in Europa durften am Dienstag nach Ostern die Läden bis 400 Quadratmeter wieder öffnen. Dieser forsche Schritt von Bundeskanzler Kurz brachte die Nachbarländer unter Zugzwang. Deutschland öffnete seine Läden Anfang dieser Woche. Die Schweiz zieht Mitte Mai nach.
In der Ostschweiz beobachten Politiker und Geschäftsleute genau, was im benachbarten Vorarlberg passiert. Reto Friedauer, Gemeindepräsident des Grenzortes St. Margrethen, freute sich über die Lockerungen in Österreich. «Ich habe gehofft, dass der Bundesrat nachzieht. Es wäre schön gewesen, wenn unsere Regierung etwas mehr Mut zur Selbstverantwortung an den Tag gelegt hätte und den Detailhandel geöffnet hätte, wie das in Österreich der Fall war», zeigt er sich aber enttäuscht.
500 Meter von uns entfernt dürfen die Geschäfte öffnen, uns sind die Hände gebunden.
Das Shoppingcenter «Rheinpark» ist leer. Nur die Lebensmittelgeschäfte sind offen, mehr nicht. Bei «Mode Weber» bleiben die Rollgitter unten. Inhaber Erich Weber versteht nicht, warum nächste Woche in der Schweiz zwar Baumärkte öffnen dürfen, aber keine Kleiderläden. Platz, um zwei Meter Abstand zu wahren, sei hier genug vorhanden, meint er. «Wir sind frustriert», sagt Weber. «500 Meter von uns entfernt dürfen die Geschäfte öffnen, uns sind die Hände gebunden.»
In Baumärkten gehts richtig ab
Auf der anderen Rheinseite, in der österreichischen Gemeinde Höchst, wartet die Verkäuferin in der Papeterie auf Kunden. Die Kinder gehen noch nicht zur Schule. Und auch die Bewohner des Altenheims um die Ecke sind als Kunden noch nicht wiedergekommen. Sie haben Angst, sich mit dem Coronavirus anzustecken und bleiben lieber auf ihren Zimmern.
In den Baumärkten und Gartencentern geht es dagegen richtig ab. So wie in Lauterach, direkt neben Höchst. Hinein kommt nur, wer einen der 350 Wagen erwischt. So sei der Mindestabstand von 1.5 Metern garantiert, sagt das Management. Für die Kunden, die keine Masken dabei haben, gibt der Baumarkt kostenlos welche ab – in einer einfachen Wegwerfversion.
Zurück im ruhigen Dornbirn: Modehändler Sagmeister zeigt sich beunruhigt: «Ich habe mehr Sorge vor der Zeit, die jetzt kommt, als vor dem Lockdown. Vier Wochen Lockdown kann ich verkraften. Aber ein halbes Jahr mit stark reduziertem Umsatz, das wird deutlich schwieriger.»