Die Fussball-WM der Männer 2034 dürfte in Saudi-Arabien stattfinden. Direkt nach dieser Ankündigung der Fifa machte eine Allianz aus Nichtregierungsorganisationen, darunter auch Amnesty International, Druck auf die Organisation und fordert, der Weltfussballverband müsse von Saudi-Arabien verbindliche Menschenrechtsgarantien einfordern. Was Amnesty damit meint, erklärt Lisa Salza.
SRF News: Was befürchten Sie, wenn Saudi-Arabien die WM 2034 ausrichtet?
Lisa Salza: Aus Sicht der Menschenrechte sehen wir bei sportlichen Grossanlässen immer zwei Hauptrisiken und diese bestehen bei allen Bewerbungen. Da ist einerseits das Risiko, dass es bei der Vorbereitung und bei der Durchführung des Turniers zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Und andererseits besteht das Risiko des sogenannten Sportswashing. Russland, China, Katar und andere haben es exemplarisch vorgemacht. Sie haben ein perfektes Sportspektakel vor dem Hintergrund massiver Menschenrechtsverletzungen orchestriert.
Das Menschenrechtsversprechen der Fifa
Die Fifa sagt klar, man wolle die WM 2034 nach internationalen Menschenrechtsstandards abhalten. Warum fordert Amnesty International etwas, zu dem sich die Fifa schon längst selbst verpflichtet hat?
Nun ja, die Fifa hat sich tatsächlich zu Menschenrechtsstandards bekannt. Sie hat auch 2017 Menschenrechtskriterien für künftige Bewerberinnen erlassen, die bei Saudi-Arabien und auch bei anderen Bewerbungen zum Zug kommen müssen.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben aber gezeigt, dass die Fifa sehr gut darin ist, schöne Papiere zu verbreiten, um ein Bekenntnis für die Menschenrechte kundzutun. Aber sehr häufig folgen diesen Papieren dann keine Taten oder ungenügende.
Und noch immer warten tausende Menschen auf Entschädigungen für Menschenrechtsverletzungen in Katar.
Doch für die Fifa war die WM in Katar schliesslich ein Erfolg.
Das sehe ich ein Stück weit anders. Wenn die Fifa aus Katar ein positives Fazit zieht, dann ist es pure Augenwischerei, zumindest aus Sicht der Menschenrechte und des Klimas. Die Arbeitsreform wird nach wie vor erst schleppend umgesetzt. Viele Arbeitsmigrantinnen und -migranten können nicht davon profitieren. Und noch immer warten tausende Menschen auf Entschädigungen für Menschenrechtsverletzungen. Ich denke, in dieser Hinsicht war die WM in Katar tatsächlich ein Game-Changer. Menschenrechte waren sowohl in der Berichterstattung wie eben auch bei den Fans ein Riesenthema.
Wenn die Fifa ihren eigenen Versprechen gerecht werden will, dann ist Saudi-Arabien das Paradebeispiel.
Wie soll die FIFA Menschenrechtsstandards sicherstellen?
Sie muss viel Aufmerksamkeit und Sorgfalt in die Sicherheitsmassnahmen stecken. Das bedeutet, sie muss unbedingt eine unabhängige Analyse der Menschenrechtsrisiken, die mit der Vorbereitung dieser WM einhergehen, einfordern. Und akribisch die Massnahmen, die darauf erlassen werden, beobachten. Natürlich muss sie auch bereit sein, als quasi ultimative Konsequenz, Saudi-Arabien die WM wieder zu entziehen.
Menschenrechte in Saudi-Arabien
Ist das nicht utopisch, gerade weil Saudi-Arabien der einzige Bewerber für die WM 2034 war?
Als Menschenrechtsorganisation fungieren wir häufig in utopischen Szenarien. Aber die Fifa hat eine Menschenrechtspolicy erlassen. Sie will diese nächstes Jahr erneuern. Klar ist: Die Fifa hat nun diese Menschenrechtskriterien und sagt bei jeder Gelegenheit, wie wichtig ihr diese Standards sind. Wenn sie ihren eigenen Versprechen gerecht werden will, dann ist Saudi-Arabien im Prinzip das Paradebeispiel.
Das Gespräch führte Susanne Stöckl.