Reisbauer Sudhir Sudhakar Mamunkar stapft mit seinen Nachbarn übers. Feld. Eigentlich sollten sich die Reishalme reif und prall Richtung Sonne strecken, doch die meisten Halme sind umgeknickt und liegen platt auf dem Boden.
«Ich habe zwei Hektar Land», sagt Mamunkar. «Ich baue darauf ausschliesslich Reis an. Aber in diesem Jahr hat der Regen den grössten Teil der Ernte zerstört. Die meisten Reiskörner sind schwarz und nutzlos geworden. Und was der Regen nicht kaputt gemacht hat, das stehlen mir die Wildschweine und Affen.»
Der Bauer hockt sich auf den Boden und nimmt ein Büschel Reis in die Hand. Es ist feucht. «Normalerweise hätten wir schon im letzten Monat geerntet. Aber der Monsunregen war zu stark. Das Wasser hat sich im Boden gestaut. Die Ernte ist zum grössten Teil zerstört.»
Zu starker Monsun
So wie Sudhir Sudhakar Mamunkar im Dorf Kakal Kond, rund fünfeinhalb Autostunden südlich von Mumbai, geht es vielen indischen Reisbauern. Weil der Monsunregen zu stark war, fällt die indische Reisernte in diesem Jahr deutlich kleiner aus als sonst. Die Reispreise in Indien, auch vor der Ernte schon hoch, dürften auch nach der Ernte hoch bleiben.
Das erwarten Ökonomen wie Yuvika Singhal vom unabhängigen Beratungsbüro QuantEco in Delhi: «Das Reis-Angebot ist wegen der schlechten Ernte knapper als sonst», sagt sie. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Reis, auch wegen der vielen indischen Festtage und wegen der staatlichen Reis-Aufkäufe.
Am härtesten treffe das die vielen Armen, sagt Ökonomin Singhan. «Sie müssen also immer grösseren Teil ihres Einkommens für Reis ausgeben.»
Auch andere Nahrungsmittel sind teurer geworden
Dies sei umso schwieriger, als auch die Preise für andere Grundnahrungsmittel wie Weizen, Milch und Öl deutlich gestiegen sind. Die Einkommen auf dem Land seien aber nicht gestiegen.
Dass das ein Problem ist, weiss auch die Politik. Mehr als die Hälfte der Inderinnen und Inder verdient ihr Geld in der Landwirtschaft, Arme und arme Bauern sind wahlentscheidend. Um sie zu entlasten, hat die indische Regierung den Export bestimmter Reissorten verboten. Und auf andere Reisexporte hohe Steuern erhoben, um sie unattraktiv zu machen.
Dass der grösste Reisexporteur der Welt den Reisexport stark einschränkt, hat den Weltmarktpreis um satte zehn Prozent nach oben katapultiert. Dies geschieht in einer Zeit, in der die Lebensmittelpreise wegen des Ukraine-Krieges ohnehin auf Rekordstand sind. Auch das trifft die Armen weltweit am stärksten.
Familie braucht Zusatzverdienst
Reisbauer Sudhir Sudhakar Mamunkar im südlichen Maharashtra profitiert von den höheren Weltmarktpreisen nicht. Weil sein Reis der Sorte Rupali wegen des vielen Regens in diesem Jahr eine schlechte Qualität hat, verdient er weniger.
«Auf dem Markt bekomme ich vielleicht noch 14 Rupien für das Kilo, also 20 Rappen. Wenn ich den Reis überhaupt noch verkaufen kann», sagt er. Auch er kämpft mit der Inflation. «Strom für die Beleuchtung, Diesel, alles ist teurer geworden. Und ich muss die vier Frauen bezahlen, die ich für die Reisernte eingestellt habe. Für jede 250 Rupien pro Tag und ein freies Essen.»
Nach Abzug aller Kosten werde für ihn und seine Familie kaum noch etwas übrigbleiben. Seiner Familie werde daher nur die Möglichkeit haben, als Tagelöhner auf den Feldern der Nachbarn zu arbeiten, sagt der Bauer. Zusammen könnten sie knapp 9 Franken am Tag verdienen. Das sei genug, um durchzukommen.