Dass US-Präsident Donald Trump die Unruhen im Land notfalls mit militärischer Gewalt stoppen will, hat ihm heftigen Protest eingebracht. Demokratische Gouverneure wiesen die Drohung des Oberbefehlshabers der Streitkräfte empört als «beschämend», «gefährlich» und «erschütternd» zurück. Selbst Verteidigungsminister Mark Esper äusserte sich heute ablehnend und widerspricht dem Präsidenten.
Bereits haben 23 Bundesstaaten die Nationalgarde aktiviert. Doch der US-Präsident möchte weitergehen. Kann er das tatsächlich? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was genau ist die Nationalgarde? In verschiedenen Städten ist seit Beginn der Proteste gegen Polizeigewalt und Rassismus die Nationalgarde zur Unterstützung der lokalen Polizeieiorganisationen im Einsatz. Dabei handelt es sich um Milizsoldaten der Reserve, die zwar vom Verteidigungsministerium kontrolliert werden, jedoch den Gouverneuren der einzelnen Bundesstaaten unterstehen. In jüngster Vergangenheit wurde sie beispielsweise zur Bewältigung der Folgen des Hurrikans Katrina in Louisiana 2005 oder zur Bewachung der Grenze zu Mexiko eingesetzt. Washington kann die Reserve zudem unter anderem auch zum Einsatz in Übersee mobilisieren.
Was ist die Grundlage für einen Armeeinsatz im Inland? Grundsätzlich ist der Einsatz von Bundestruppen für Polizeiaufgaben in den USA gesetzeswidrig. Ausnahmen gibt es bei «Rebellion» und «Terrorismus». Der sogenannte «Insurrection Act» aus dem frühen 19. Jahrhundert erlaubt es dem Präsidenten zudem, auf Antrag eines Bundesstaates die Armee zur Durchsetzung lokaler Gesetze zu entsenden. Nicht notwendig sei die Zustimmung des Gouverneurs, wenn ein Staat nicht mehr zur Durchsetzung von US-Recht oder der Aufrechterhaltung der Bürgerrechte in der Lage sei, sagt CNN-Sicherheitsrechtler Stephen I. Vladeck von der Universität Texas.
Was sind die Bedingungen für den Armeeinsatz im Inland? Ob die Bedingungen, um sich auf den «Insurrection Act» zu berufen, derzeit gegeben sind, ist laut Experten zumindest sehr fraglich. Dafür sei eine «katastrophale Kapitulation» von Strafverfogung und ziviler Regierung nötig, wird der rennomierte Yale-Militärrechtler Eugene R. Fidell von der New York Times zitiert. «Wir sprechen von beispiellosem Chaos und völligem Zusammenbruch.» Davon sei die aktuelle Situation weit entfernt. Selbst Trump habe nicht davon gesprochen, dass die Gesetze nicht durchgesetzt würden, meint Sicherheitsrechtler Vladeck. «Trump sagt, sie würden nicht in der Weise durchgesetzt, wie es ihm gefällt.» Unklar ist laut Experten, wie viel politischen Spielraum ein Bundesgericht dem Präsidenten einräumen würde. Diesen habe es in der Vergangenheit verschiedentlich gegeben.
Was waren die bisherigen Armeeinsätze im Inland? Der letzte auf den Insurrection Act gestützte Einsatz von Bundestruppen im Inland datiert laut einem Kongressreport von 1992. Damals kam es in Los Angeles in der Folge von Polizeigewalt gegen den Afroamerikaner Rodney King zu einer Gewalteskalation. 1989 wurde die Armee nach dem Hurrikan Hugo gegen Plünderer auf den Virgin Islands eingesetzt. Doch auch in der früheren Geschichte des Landes hätten sich Präsidenten wiederholt auf den Insurrection Act berufen, schreibt Sicherheitsrechtler Vladeck: Während der Kriege mit der Urbevölkerung zu Beginn des 19. Jahrhunderts, im Arbeitskampf um die Wende zum 20. Jahrhundert oder bei der Aufhebung der Rassentrennung zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts.