Das ist passiert: Bei einem Fussballturnier im westafrikanischen Guinea ist am Sonntagabend eine Massenpanik unter Fussballfans ausgebrochen. Dabei seien 56 Menschen gestorben und zahlreiche weitere verletzt worden – darunter auch Kinder und Jugendliche, teilte Guineas Regierung mit. Auslöser war eine rote Karte, die der Schiedsrichter in der 84. Spielminute einem Spieler aus der Stadt Labe zeigte. Dessen Fans begannen daraufhin, Steine zu werfen. Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, worauf unter den Zuschauern Panik ausbrach. Lokale Medien berichteten, dass die Zugänge zum Stadion durch die Menschenmassen versperrt wurden. In den sozialen Medien kursierten Berichte, denen zufolge das Eingangstor blockiert war.
Das Fussballturnier: Das Lokalturnier fand in der Stadt Nzérékoré statt und war kein Spiel innerhalb der normalen Ligen oder Fussballturniere des Landes. Es war Teil einer Kampagne der in Guinea herrschenden Militärjunta unter der Führung von Mamady Doumbouya. In den vergangenen Wochen habe es mehrere solcher Fussballturniere zu Ehren des Präsidenten gegeben, sagt Bettina Rühl, freie Afrikakorrespondentin mit Sitz in Nairobi. «Doumbouya hat sich 2021 an die Macht geputscht und will nun offenbar mit diesen Spielen sein Image in der Öffentlichkeit verbessern.»
Deshalb gibt es die Turniere: Örtliche Medien mutmassen, dass diese Fussballturniere mit einer möglichen Kandidatur des Juntachefs bei den Präsidentschaftswahlen zusammenhängen könnten. Diese Vermutung hegt auch Rühl. «Es gibt Ankündigungen für Wahlen im Jahr 2025, allerdings ohne konkreten Termin.» Das Land habe noch keine gültige Verfassung, sondern nur einen Verfassungsentwurf. «Bisher war es ausgeschlossen, dass Militärs hohe politische Ämter übernehmen.» Dies wolle Doumbouya umgehen, sagt Rühl. «Er will sich die Möglichkeit einräumen, kandidieren zu können.» Das sei umstritten. Nun gebe es aber erste Vorstösse, auch von seinen Anhängern, die eine Kandidatur unterstützen.
Die Verbindung zwischen Fussball und Politik: Fussball sei in Guinea und anderen afrikanischen Staaten unglaublich beliebt, sagt die freie Journalistin. «Wenn die Politik versucht, in diesem Feld zu punkten, dann ist das relativ einfach.» In den vergangenen Wochen und Monaten habe es immer wieder Vorwürfe gegeben, dass Politiker ihre Günstlinge auf prominente Posten im Fussball gebracht hätten. «Es scheint eine Tendenz zu geben, dass die Politik versucht, in die Fussballwelt hineinzuregieren, und das buchstäblich.» Dies sei gut für das Image der Politiker, so Rühl. Werde über die Fussballereignisse positiv berichtet, so sei dies auch mit Blick auf die Politiker und ihre Günstlinge der Fall.
Drohen dem Juntachef Konsequenzen? «Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Massenpanik irgendwelche politischen Konsequenzen für Doumbouya haben wird», sagt Rühl. Der Juntachef, der seinem Vorgänger nicht nur Korruption, sondern auch Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen habe, gehe in letzter Zeit selber immer schärfer gegen die Opposition vor und setze Menschenrechte aus. «Im Februar gab es einen Generalstreik, bei dem zwei Menschen von Sicherheitskräften erschossen wurden. Das ist bislang ohne Folgen geblieben», sagt Rühl und ergänzt: «Auch deshalb ist vielleicht die Stimmung bei Fussballspielen so schnell so aufgeheizt.»