Am vergangenen Samstag mussten die Besucherinnen und Besucher in Venedig das letzte Mal in diesem Jahr fünf Euro Eintritt fürs Sightseeing bezahlen.
Viele nahmen das gelassen: «Die Gebühr von 5 Euro ist bescheiden. Jeder kann sich das leisten. Diese wunderbare und sehr alte Stadt zu erhalten, kostet viel, und mit dem Ticket leiste ich meinen Beitrag dazu», sagt eine US-Touristin gegenüber SRF.
Die Einheimischen hadern mit der Eintrittsgebühr
Franco hingegen, einer der berühmten Gondoliere der Stadt, sagt gegenüber SRF: «Nichts hat sich verändert mit dem Ticket. Auf Venedigs Gondeln schaukeln gleich viele Leute wie vorher.» Er ärgert sich darüber, dass die Stadt kassiert, ohne etwas zu tun. Öffentliche WCs etwa gebe es immer noch viel zu wenige. Mit den zusätzlichen Einnahmen solle man das nun schleunigst ändern.
5 Euro reichen doch nicht aus, um Leute von einem Besuch abzuhalten.
In Venedig ist man sich weitgehend einig: Das Ticket hat keine Entlastung gebracht, die engen Gassen bleiben verstopft. Auf der Rialtobrücke herrscht wie immer akuter Selfiestress. Rollkoffer holpern zu jeder Tages- und Nachtzeit übers Kopfsteinpflaster.
«5 Euro reichen doch nicht aus, um Leute von einem Besuch abzuhalten», erklärt eine Anwohnerin. Ein anderer ist aus einem anderen Grund gegen die Eintrittsgebühr: «Venedig muss eine offene Stadt sein – für alle», sagt er.
Nächstes Jahr kostet der Eintritt zehn Euro
Das Ticket aber wird nicht so schnell verschwinden. Im nächsten Jahr wird es gar das Doppelte kosten. «Ab welchem Preis ist jemand bereit, nicht nach Venedig zu reisen? Bei zehn Euro ist das vielleicht der Fall», meint Claudio Scara, Leiter des Hotelierverbands von Venedig.
Giacomo Cervo ist Sekretär der Linkspartei. Er sagt, auch 10 Euro schreckten niemanden ab. Es brauche ganz andere Massnahmen – vor allem weniger Gästewohnungen.
«Noch immer werden in Venedig ganze Palazzi, ganze Häuser von Versicherungen oder Banken aufgekauft und in Gästewohnungen umgewandelt. Erstmals wohnen weniger als 50'000 Leute in Venedigs Altstadt. Vor 50 Jahren waren es noch mehr als doppelt so viele.»
Schuld daran sei aber nicht nur der Tourismus, sagt Cervo, sondern auch die konservative Stadtregierung. Denn die lasse Tausende städtische Wohnungen lieber verfallen, als sie zu sanieren und günstig etwa an Familien zu vermieten. Dies zu tun, wäre weit effektiver als das Ticket.
Claudio Scarpa vom Hotelierverband aber ist überzeugt davon, dass die Gebühr dabei hilft, die Touristenströme besser aufs ganze Jahr zu verteilen. Auch die Stadtregierung hofft, dass das teurere Ticket die Lagunenstadt entlasten wird. Man sei in einer experimentellen Phase, sagt Bürgermeister Luigi Brugnaro.
Und im nächsten Jahr wird weiter experimentiert.