Unternehmen, die viele Treibhausgase ausstossen, müssen dafür über sogenannte Emissionsrechte oder Zertifikate verfügen. Wer zu viele solche Zertifikate hat, kann diese an Unternehmen verkaufen, die zu wenige haben. Je höher der Preis für ein Zertifikat, desto grösser der Anreiz für ein Unternehmen, seine Emissionen zu senken.
Bisher mussten in der EU gut 11'000 Unternehmen, vor allem Kraftwerke und schwere Industrieunternehmen, am sogenannten Emissionshandel teilnehmen. Nun soll der Emissionshandel auf weitere Sektoren ausgeweitet und die Dynamik verschärft werden.
Die Zahl der Gratiszertifikate wird deutlich schneller reduziert als bisher. Laut Patrick Hofstetter, Leiter Klima und Energie beim WWF Schweiz, wird das in der EU sicherlich viel bewirken. «Es wird vor allem auch Kohlekraftwerke unwirtschaftlich machen.»
Es wird vor allem Kohlekraftwerke unwirtschaftlich machen.
Seit dem 1. Januar 2020 ist der EU-Emissionshandel mit dem schweizerischen verknüpft. Auch hier sind die Unternehmen, die viele Treibhausgase ausstossen, zur Teilnahme verpflichtet, zum Beispiel Zementwerke.
Christian Zeyer, Geschäftsführer des Wirtschaftsverbandes Swisscleantech, der Unternehmen vertritt, die sich im Klimaschutz engagieren, sagt: «Kurzfristig ändert sich für die Schweizer Firmen voraussichtlich relativ wenig. Aber es ist klar: Das Resultat davon wird sein, dass Zertifikate längerfristig teurer werden.»
Kein Wettbewerbsnachteil für die Schweiz
Wenn Zertifikate teurer werden, verteuert sich die Produktion. Ein Wettbewerbsnachteil für Schweizer Unternehmen? Nicht wirklich, schätzt Patrick Hofstetter vom WWF: «Weil die Schweiz ja nicht ein Exporteur von Zement, Dünger oder Aluminium ist.»
Für die Schweiz stellt sich vielmehr die Frage, ob sie die Reformen der EU übernehmen und ihr Emissionshandelssystem ebenfalls verschärfen will. Für Christian Zeyer vom Verband Swisscleantech ist klar, dass die Schweiz nachziehen muss.
Würden die Bemühungen der Schweiz deutlich hinter diese von Europa fallen, könnte die Schweiz als Drittstaat behandelt werden und entsprechend mit einem Pönale rechnen. «Ich denke nicht, dass die Schweiz sich das leisten kann, in ihren Ambitionen hinter die EU weiter zurückzufallen.»
Ich denke nicht, dass die Schweiz sich das leisten kann, in ihren Ambitionen hinter die EU weiter zurückzufallen.
Die Verschärfungen am bestehenden Emissionshandel sind nur das eine. Die EU führt dieses Instrument neu auch zum Beispiel für den Verkehr ein. Nachdem das Schweizer Stimmvolk mit dem revidierten CO2-Gesetz Verschärfungen im Verkehrsbereich abgelehnt hat, wäre Emissionshandel auch hierzulande eine Option, findet WWF-Experte Patrick Hofstetter.
Der Benzinpreis in den Nachbarländern würde deutlich steigen. «Da wäre es sicher möglich, dass die Schweiz dieses System ebenfalls übernimmt, ein sehr marktnahes System.»
Beim zuständigen Bundesamt für Umwelt (Bafu) heisst es auf Anfrage nur, die Schweiz verfolge die Entwicklungen in der EU sehr aufmerksam. Ein erster Austausch mit der EU-Kommission in dieser Sache sei erfolgt. Es sei aber noch zu früh für eine Aussage dazu, welche Konsequenzen die präsentierten Massnahmen für die Schweiz hätten.