- In Portugal macht die römisch-katholische Kirche wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern Schlagzeilen.
- Mehr als 4800 Kinder seien in den vergangenen 70 Jahren Opfer von sexuellem Missbrauch in der portugiesischen katholischen Kirche geworden.
- Zu diesem Schluss kommt eine unabhängige Kommission, die ihren Abschlussbericht vorgestellt hat.
Die Zahl der zweifelsfrei bestätigten Opfer belaufe sich auf 4815, teilte der Untersuchungsausschuss bei der Veröffentlichung seines Berichts in Lissabon mit. Es habe aber seit den 1950er Jahren wohl viel mehr Fälle gegeben, denn bei den 4815 handele sich um «eine absolute Mindestzahl», sagte Ausschusskoordinator Pedro Strecht.
512 mutmassliche Opfer haben sich laut Expertengremium bereits gemeldet, um sich zu äussern. Im Bericht heisst es, dass über drei Viertel der Täter Priester gewesen seien sowie die meisten der mutmasslichen Opfer männlich und im Schnitt 11.2 Jahre jung waren. Die grosse Mehrheit der Missbrauchsfälle sei bereits verjährt, aber 25 Zeugenaussagen seien an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden.
Den Angaben zufolge sprachen 43 Prozent der befragten Opfer verschiedenen Alters gegenüber dem Ausschuss nach oft jahrzehntelangem Schweigen erstmals über ihr Leiden. Nur vier Prozent der Opfer habe irgendwann Anzeige erstattet. In 27 Prozent aller Fälle habe der Missbrauch länger als ein Jahr angehalten.
Das Gremium veröffentlichte weder Namen der Opfer noch Identität der mutmasslichen Täter oder die Orte, an denen die Missbräuche stattgefunden haben sollen. Jedoch soll der Ausschuss den Bischöfen bis Ende Monat eine Liste der mutmasslichen Täter übermitteln, die noch in der Kirche tätig sind.
Mehrheit der Fälle zwischen 1960 und 2000
Der Ausschuss hatte seine Arbeit Anfang 2022 aufgenommen, nachdem Portugal von der Enthüllung vieler Missbrauchsfälle erschüttert worden war. Sie untersuchte mutmassliche Fälle ab dem Jahr 1950. Insgesamt seien mehr als 500 Zeugen angehört worden, sagte Strecht vor Journalisten und Kirchenvertretern. Die meisten Missbrauchsfälle hätten sich zwischen 1960 und 2000 ereignet.
Der Präsident der Bischofskonferenz Portugal (CEP), Dom José Ornelas, sagte in einer ersten Reaktion, man sei «zutiefst besorgt über den Schmerz derer, die gelitten haben». Am 3. März werde man zu diesem Thema eine Sondersitzung der CEP abhalten. Man wolle nun «alle Aufmerksamkeit auf die Missbrauchsopfer richten». Finanzielle Entschädigungen von bis zu 60'000 Euro pro Opfer stehen zur Debatte, aber einige Opfer und deren Sprecher wiesen diese Summe empört zurück.