In Honduras formiert sich eine neue Flüchtlingskarawane. Es wird erwartet, dass erneut tausende Migrantinnen und Migranten versuchen werden, gemeinsam Richtung USA aufzubrechen.
Zeitgleich löst die mexikanische Regierung in der Grenzstadt Tijuana das Lager «El Barretàl» auf, wo der grösste Teil der Migranten der letzten Karawane untergebracht wurden.
Gestrandet in Tijuana
Knapp 700 Menschen aus Zentralamerika befinden sich noch in «El Barretàl». Sie sollen umgesiedelt werden in einige kleinere Unterkünfte in Tijuana. Das hat die Zentralregierung in Mexiko City schon vor Tagen entschieden. Das Kapitel «Flüchtlingskarawane» soll geschlossen werden.
Die Liste derjenigen, die am Grenzübergang San Ysidro einen Asylantrag stellen wollen, ist zwar noch lang. Und täglich finden kleine Gruppen einen Weg durch oder über den Grenzzaun. Doch immer mehr Teilnehmer der letzten Karawane haben sich arrangiert mit ihrem neuen Leben in Tijuana.
Mexiko als Plan B
Tausende haben «El Barretàl» schon in den letzten Wochen freiwillig verlassen und haben in der Stadt Wohnraum gefunden – und Arbeit. Denn die Stadt Tijuana mit rund zwei Millionen Einwohnern boomt. In den Maquilladoras, den exportorientierten Fertigungs- und Verpackungsfabriken, ist der Bedarf nach billigen Arbeitskräften gross.
Viele werden wohl bleiben in Tijuana, einer Stadt, die grösstenteils von Migranten gebaut wurde. Es ist ihnen klar geworden, dass ihre Aussichten, ein dauerhaftes Bleiberecht in den USA zu erlangen, sehr gering sind. Nur jeder zehnte Antrag auf Asyl wird in der Regel gutgeheissen. Den anderen droht nach Wochen oder Monaten in US-Internierungslagern die Abschiebung.
An den Fluchtursachen hat sich nichts verändert
Doch trotz der Ernüchterung in Tijuana gilt die Karawane in Zentralamerika als Erfolg. Denn sie hat gezeigt, dass grosse Gruppen den Migranten Schutz bieten. Deshalb wollen sich heute in der honduranischen Stadt San Pedro Sula erneut Hunderte zusammenfinden, um gemeinsam loszuziehen.
Tausende werden sich ihnen wohl wieder anschliessen. Und in fünf Tagen soll sich im honduranischen Santa Barbara eine zweite Karawane formieren. Denn an der Armut und der Gewalt in Honduras hat sich nichts verändert. Für viele ist die Aussicht, in einem US-Ausschaffungsgefängnis zu landen, weniger bedrohlich, als von kriminellen Gangs in der Heimat terrorisiert oder umgebracht zu werden.
Der US-Präsident reibt sich die Hände
Die honduranische Regierung hat den vermeintlichen Organisatoren der neuen Karawanen zwar mit Gefängnis gedroht. Aber auch dieses Mal wird sie die Menschen wohl ziehen lassen. Denn Honduraner im Ausland tragen mit ihren Geldüberweisungen bereits einen Fünftel zur Wirtschaftsleistung in ihrer alten Heimat bei. Das ist Geld, das die bittere Armut im Land zwar lindert, aber die herrschende Klasse davon entbindet, etwas dagegen zu unternehmen.
Nutzen wird die nächste Karawane auch wieder dem US-Präsidenten Donald Trump. Er wird die Bilder marschierender Migranten erneut einsetzen im Streit um eine Grenzmauer und damit vernebeln, dass seine bisherige Abschreckungspolitik gescheitert ist. Und so kann das Kapitel «Flüchtlings-Karawane» wohl noch lange nicht geschlossen werden.