Es sind vier Stunden bis zum Start der Soweto Fashion Week. Noch scheint es unvorstellbar, dass hier im Soweto-Theater eine Modenschau stattfinden soll. Vor dem ikonischen Gebäude im Herzen von Johannesburg wird der rote Teppich für die Gäste ausgerollt. Drinnen proben ungeschminkte Models ihren Gang, während das Scheinwerferlicht ihnen noch nicht wie geplant folgt. Die Szene gleicht einem schlafenden Riesen, der zum Leben erwachen will. Mitten im Treiben wirkt das Mutter-Tochter-Duo des Labels Lorang in Africa noch etwas verunsichert. Es ist ihre erste grosse Modeschau.
«Lorang in Africa» entstand aus dem Traum, Altes mit Neuem zu verbinden. Lorang bedeutet in Sisotung «Traum». Tochter Kgauhelo und Mutter Selloane Manamela sind das kreative Duo hinter «Lorang in Africa». Das 2019 gegründete Label steht für die Wiederentdeckung alter Handwerkskunst in zeitgemässer Mode. Ihre gehäkelten Designs sind Geschichten aus Garn. Passend dazu tragen beide vollständig gehäkelte Deux-Pièces. Tochter Kgauhelo erklärt: «Meine Mutter hat vor meiner Geburt gehäkelt. Sie zeigt uns, wie man es macht. Wir lernen immer noch Neues von ihr.»
Hoffnung in der Pandemie
Hinter den Kulissen wählen die beiden Models aus, die ihre Kreationen tragen sollen. Dann beginnt das Ankleiden. Kgauhelo runzelt konzentriert die Stirn. Mutter Selloane schüttelt sanft den Kopf, während sie an den Garnen zupft. Wenn alles passt, lachen sich beide herzhaft an. «Victory» – also Sieg – heisst ihre diesjährige Kollektion. Eine Erinnerung an den Sieg über die Covid-19-Pandemie. «Dies, da die Welt in der Lage war, etwas zu überwinden, das für uns alle so beängstigend war», erklärt Kgauhelo.
Hinter den Kulissen der Soweto Fashion Week
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Bild 1 von 11. Eine Designerin richtet einem Model in der Umkleidekabine der Soweto Fashion Week die Haare. Sie sagt: «Meine Schmuckstücke sind mehr als nur Accessoires – sie sind tragbare Kunst, die jedes Outfit aufwerten und zu einem modischen Statement machen.». Bildquelle: SRF/Sarah Fluck.
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Bild 2 von 11. Mutter Selloane Manamela entnimmt gehäkelte Kleidungsstücke aus einem auffälligen orangem Rollkoffer. Hinter ihr sitzt Tochter Kgauhelo auf einem Stuhl und lächelt vorfreudig, bereit für die bevorstehende Modenschau. Bildquelle: SRF/Sarah Fluck.
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Bild 3 von 11. Letzte Handgriffe: Eine Make-up-Artistin schminkt ein Model kurz vor der Show auf der Soweto Fashion Week, während die Spannung hinter den Kulissen steigt. Bildquelle: SRF/Sarah Fluck.
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Bild 4 von 11. Feinschliff vor der Show: Selloane Manamela zupft sorgfältig an den Garnen, um die gehäkelten Designs perfekt in Szene zu setzen. Bildquelle: SRF/Sarah Fluck.
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Bild 5 von 11. Ein Model fixiert sich sorgfältig die Absatzschuhe kurz vor dem Auftritt auf der Soweto Fashion Week. Bildquelle: SRF/Sarah Fluck.
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Bild 6 von 11. Spannung hinter den Kulissen: Models warten aufgeregt auf ihren Auftritt vor der Show der Soweto Fashion Week. Bildquelle: SRF/Sarah Fluck.
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Bild 7 von 11. Ein Model beobachtet nervös das Geschehen auf dem Laufsteg, während es auf seinen eigenen Auftritt bei der Soweto Fashion Week wartet. Bildquelle: SRF/Sarah Fluck.
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Bild 8 von 11. Vielfalt auf dem Laufsteg: Neben «Lorang in Africa» präsentierten vier weitere Designer ihre Kollektionen. Ein weiteres Model mit Sonnenbrille schreitet selbstbewusst über den Laufsteg der Soweto Fashion Week. Bildquelle: SRF/Sarah Fluck.
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Bild 9 von 11. Das Herzstück der «Victory»-Kollektion: Das Covid-Kleid wird auf dem Laufsteg der Soweto Fashion Week präsentiert. Dieses einzigartige Kleid kombiniert farbenfrohe Blumenmuster mit Blüten aus Verschlüssen von Impfstofffläschchen, gesammelt von Selloane Manamela, einer Gesundheitsarbeiterin während der Pandemie. Bildquelle: SRF/Sarah Fluck.
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Bild 10 von 11. Geschafft: Designerinnen, Designer und Models feiern nach der diesjährigen Fashion Week, die unter dem Motto «Uncharted Creativity» stand. Bildquelle: SRF/Sarah Fluck.
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Bild 11 von 11. Das Soweto-Theater: Die Modeshow findet in diesem ikonischen Gebäude aus verschiedene leuchtend bunten, geschwungenen Strukturen im Herzen des berühmten südafrikanischen Townships von Johannesburg statt. Bildquelle: SRF/Sarah Fluck.
Das Herzstück der Kollektion ist das sogenannte Covid-Kleid. Die Blüten des farbigen Blumenmusters bestehen aus Verschlüssen von Impfstofffläschchen, die Mutter Selloane gesammelt hat. Während der Pandemie arbeitete sie in der Pflege. In dieser Zeit hat Tochter Kgauhelo zu Hause gehäkelt, um Hoffnung zu bewahren. «Es war eine beängstigende Zeit, weil meine Mutter für die Menschen da sein musste und kaum zu Hause war», sagt Kgauhelo.
Internationales Sprungbrett
Die Soweto Fashion Week bietet eine Bühne für lokale Talente und ist ein Sprungbrett für Designerinnen und Designer aus dem Globalen Süden. Hohe Teilnahmegebühren und ein westlich dominierter Markt erschweren es aufstrebenden Designern oft, international Fuss zu fassen. Der Gründer der Fashion Week, Stephen Manzini, sieht hierin eine wichtige Aufgabe: «Mein Ziel ist es, Designer aus Soweto und Südafrika weltweit bekannt zu machen.»
Immer mehr Modetalente aus Afrika, Lateinamerika und der arabischen Welt drängen auf den internationalen Modemarkt. Letzten November fand etwa in Moskau der Brics-Fashion-Gipfel statt. Über 130 Modelabels aus den Brics-Staaten stellten dort ihre Kollektionen vor.
Wenn sich im Soweto-Theater der Vorhang hebt, ist von Hektik keine Spur mehr zu sehen. Souverän schreiten die Models über den Laufsteg. Das letzte Design, das Covid-Kleid, erntet den meisten Applaus.
In den Ateliers und geschäftigen Gassen von Soweto wächst eine Generation heran, die bereit ist, die Welt zu erobern. «Lorang in Africa» und die Soweto Fashion Week zeigen, dass Mode mehr ist als nur Kleidung. Sie ist ein Ausdruck von Kultur, Gemeinschaft und Wandel. Aus Soweto, für die Welt.