- Russland hat angesichts der Eskalation im Konflikt in der Ostukraine mit einem militärischen Eingreifen zum Schutz seiner Staatsbürger gedroht.
- Die Ukraine hat die Möglichkeit einer Militäroffensive dagegen ausgeschlossen.
- Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte am Donnerstag bei einem Telefonat mit Präsident Wladimir Putin zu einem Abzug der Truppen dort aufgerufen.
Im Falle eines Aufflammens von Kampfhandlungen werde Russland einer möglichen «menschlichen Katastrophe» nicht tatenlos zuschauen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau der Agentur Interfax zufolge.
Russland werde Massnahmen zum Schutz seiner Bürger ergreifen. Peskow sagte auch, dass es eine Konzentration russischer Truppen in der Region gebe, weil es um die Sicherheit des Landes gehe.
Die russische Militärdoktrin lässt eine Intervention zum Schutz der Einwohner zu. Den russischsprachigen Bewohnern der Gebiete Donezk und Luhansk in der Ostukraine gewährt Moskau bereits seit 2019 trotz internationalen Protests die russische Staatsbürgerschaft.
Der Kreml sieht im Nachbarland die Gefahr eines neuen Bürgerkriegs. «Wir stellen jetzt eine beispiellose Eskalation der Spannungen fest. Das löst Besorgnis aus», sagte Peskow. Die weitere Entwicklung werde darüber entscheiden, welche Massnahmen Russland ergreife, «um seine Sicherheit zu gewährleisten», sagte Peskow.
Die Ukraine schloss am Freitag dagegen jede Möglichkeit einer Militäroffensive gegen pro-russische Separatisten im Osten des Landes aus. «Die gewaltsame Befreiung der besetzten Gebiete wird unweigerlich zum Tod einer grossen Anzahl von Zivilisten und zu militärischen Verlusten führen, was für die Ukraine nicht akzeptabel ist», zitiert die Nachrichtenagentur AFP den Befehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, General Ruslan Chomtschak.
Merkel telefoniert mit Putin
Berichte über Truppenaufmärsche der russischen Armee an der Grenze zum ostukrainischen Konfliktgebiet hatten die Befürchtung einer Eskalation der Kämpfe ausgelöst. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Donnerstag bei einem Telefonat mit Präsident Wladimir Putin zu einem Abzug der Truppen dort aufgerufen. Dazu sagte Peskow, darüber entscheide allein Russland.
Ebenfalls am Donnerstag fuhr der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in das Konfliktgebiet. Sein Besuch sollte den «Kampfgeist» der Soldaten stützen, wie das Präsidialbüro in Kiew erklärte. An der Front verteilte Selenski Orden und andere Auszeichnungen. «Ich danke Ihnen dafür, dass sie die Ruhe für die Menschen bewahren und unser Land schützen», sagte der 43-Jährige. Auf Bildern war zu sehen, wie er in Schutzweste und mit Helm in einem Schützengraben ging und einen Unterstand besuchte.
Unterdessen wurde in dem Konfliktgebiet erneut ein Soldat der Regierungsarmee getötet. Zu den Umständen machte die Armee am Freitag bislang keine Angaben. Schwerpunkt der Verstösse gegen die geltende Waffenruhe sei der Frontabschnitt am ehemaligen Donezker Flughafen gewesen. Beide Seite geben sich gegenseitig die Schuld an der Eskalation.
Seit knapp sieben Jahren stehen Teile der Gebiete Donezk und Luhansk entlang der russischen Grenze unter Kontrolle moskautreuer Rebellen. Nach UN-Schätzungen sind seitdem mehr als 13'000 Menschen getötet worden. Allein seit Jahresbeginn starben rund 50 Menschen im Konfliktgebiet. Ein 2015 vereinbarter Friedensplan liegt auf Eis.