Der 400-seitige Bericht von Sonderermittler Robert Mueller ist seit kurzem veröffentlicht – mit geschwärzten Stellen. Erste Einschätzungen von SRF-Korrespondentin Isabelle Jacobi.
SRF News: Was sind die Grundaussagen des Berichts?
Isabelle Jacobi: Die Sonderermittlung ist zum Schluss gekommen, dass es zwar verscheidene Kontakte von Personen aus der Trump-Kampagne gab, 2016 und kurz nach der Wahl von Donald Trump, aber dass sie strafrechtlich nicht relevant sind. Punkto Justizbehinderung tat sich Mueller offenbar schwer. Er nennt zwar belastende Momente: Trump habe zum Beispiel versucht, die FBI-Untersuchung zu beeinflussen.
Mueller sagt aber auch, er habe Zurückhaltung angewendet. Denn eine Anklage gegen einen Präsidenten sei laut Richtlinien des Justizdepartementes nicht möglich, und eine Strafermittlung hätte massive politische Konsequenzen. Und da er nicht klar zum Schluss gekommen sei, dass Justizbehinderung vorliege, habe er sich zurückgehalten, und zähle bloss Fakten auf.
Welche Stellen sind geschwärzt?
Isabelle Jacobi: Es sind punktuelle Redaktionen. Nicht ganze Passagen sind geschwärzt, sondern einzelne Sätze oder Fussnoten. Es wird auch benannt, warum sie geschwärzt wurden, etwa Passagen, die laufende Strafrechtsuntersuchungen betreffen.
Drei Wochen hat Justizminister Barr mit der Veröffentlichung des Berichts gewartet. Wie hat er das Vorgehen mit der Zusammenfassung gerechtfertigt?
Er sagte, es sei rechtlich notwendig, gewisse Redaktionen zu machen. Das ist tatsächlich so bei laufenden Strafuntersuchungen. Barr sagte auch, das Interesse der Öffentlichkeit sei gross, deshalb habe er die Hauptergebnisse im Voraus öffentlich gemacht. Umstritten war seine sehr schnelle Entscheidung, dass Justizbehinderung nicht vorliegt.
Justizminister Barr hat vor allem die entlastenden Momente erwähnt, im Bericht dominieren aber klar die belastenden Momente.
Und heute betonte Barr zudem entlastende Motive punkto Justizbehinderung, sogenannt nicht-korrupte Motive: Präsident Trump sei frisch im Amt stark unter Druck gestanden, er habe seiner Frustration und seiner Wut über die Ermittlungen gegen ihn Ausdruck gegeben – aber schliesslich voll kooperiert. Der Vorwurf einer Justizbehinderung sei deshalb nicht tragbar.
Wie viel Deutungsspielraum lässt der Bericht denn zu?
Barr hat in der Pressekonferenz vor allem die entlastenden Momente erwähnt, im Bericht dominieren aber klar die belastenden Momente. Barr sagte zwar, er basiere seine Aussagen auf den Mueller-Bericht. Die Stelle muss aber gut versteckt sein. Ich habe sie noch nicht gefunden, wenigstens nicht im Executive Summary.
Die Demokraten verlangen nun, dass Ermittler Robert Mueller in beiden Kammern des Parlaments öffentlich befragt werden könne. Ist das realistisch?
Barr sagte in der heutigen Pressekonferenz, er habe nichts gegen eine Befragung. Natürlich müsste auch Sonderermittler Mueller dazu bereit sein. Grundsätzlich ist es sehr wohl möglich, dass es bald Mueller-Hearing im US-Kongress geben wird. Die Demokraten werden nicht locker lassen, bis sie alle Details und Interpretationsunterschiede ausgelotet haben.
Das Gespräch führte Roger Brändlin.