Wenn der Westen in der Rivalität mit China Erfolg haben will, wenn er bestrebt ist, Russland weiter zu isolieren, muss er auf den «globalen Süden» setzen – auf bessere Beziehung zu ärmeren Staaten in Afrika, Asien und Lateinamerika.
So steht es im Bericht, der jährlich zur Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) veröffentlicht wird. So ist es an diesem Wochenende in München vom Spitzenpersonal aus Politik und Wirtschaft zu vernehmen.
«Globaler Süden» schert aus
Zumal der «globale Süden» bisher wenig Anstalten macht, den Kurs des Westens mitzutragen. Südafrika hat gerade Militärmanöver mit Russland und China gestartet. Der brasilianische Präsident Lula da Silva gibt der Ukraine eine Mitschuld am Krieg. Viele Staaten in Asien und Afrika haben sich als Teil der Neuen Seidenstrasse von China abhängig gemacht. Sie halten sich nur schon deswegen mit Kritik an China und Russland zurück, die eine «strategische Partnerschaft» verbindet.
Kaum ein Land des «globalen Südens» hat Sanktionen gegen Russland erlassen. Bei einer Abstimmung über den Ukraine-Krieg in der UNO mochten 40 Staaten Russland noch nicht einmal verurteilen. Zwar bilden diese 40 nur eine Minderheit der insgesamt 193 Staaten, sie repräsentieren mit China und Indien aber fast die Hälfte der Weltbevölkerung.
Der Westen tut sich schwer
Der Westen tut sich schwer, dagegenzuhalten. Denn viele Staaten des «globalen Südens» sind enttäuscht und frustriert über das, was sie aus dem Norden hören – und bekommen.
«Europa muss sich von der Denkweise lösen, dass Europas Probleme die Probleme der Welt sind – aber die Probleme der Welt nicht die Probleme Europas», sagte der indische Aussenminister Subrahmanyam Jaishankar.
Kolonialistische Ausbeutung noch präsent
Demokratische Regierungen nehmen in der Aussenpolitik aufs Wahlvolk Rücksicht. Während der Corona-Pandemie sorgten die reichen Staaten dafür, dass die eigene Bevölkerung von grosszügigen Impfstoff-Bestellungen profitierte, während arme Staaten leer ausgingen.
Dazu kommt, dass der Westen nicht jede Völkerrechtsverletzung, nicht jeden Krieg in gleicher Weise verurteilt und sich so dem Vorwurf der Doppelmoral aussetzt. Gerne geht vergessen, wie sehr die Erinnerung an die kolonialistische Ausbeutung der vergangenen Jahrhunderte in vielen Köpfen noch immer präsent ist.
Eigene Prinzipien im Weg
Und dem Westen stehen im Verhältnis zum «globalen Süden» oft auch die eigenen Prinzipien im Weg. Investitionen und Hilfsgelder werden an Bedingungen geknüpft, an Transparenz, Menschenrechte, Demokratie. Das aber missfällt manchen Regierungen in Asien, Afrika und Lateinamerika, erst recht den diktatorischen.
Was also tun, um den «globalen Süden» ins westlichen Lager zu ziehen? Die Rezepte sind vielfältig und können bei jedem der zahlreichen Enttäuschungs- und Frustrations-Symptome ansetzen. Wobei sie immer wieder ins Dilemma führen, dass Eigeninteressen und bisweilen auch Werte zur Seite geschoben werden müssten, um im «globalen Süden» zu punkten.