Wer den Krieg nach Wladimir Putins Gusto beenden wolle, beende ihn nicht – so tönt es auf einer pro-ukrainischen Kundgebung in München. An der Sicherheitskonferenz sagt Präsident Wolodimir Selenski: «Keine Entscheidungen über die Ukraine ohne die Ukraine, keine über Europa ohne Europa.»
Selenski ist überzeugt: «Putin will Trump vorführen.» Und ohne Sicherheitsgarantien habe sein Land verloren. Weil die USA einen Nato-Beitritt ablehnen und keine Truppen zum Schutz der Ukraine schicken wollen, brauche es eine europäische Armee: «Die Zeiten sind vorbei, da die USA Europa schützten, einfach weil sie das schon immer taten.»
Kein Wort der US-Delegation
Entgegen allen Erwartungen schaffen die Amerikaner in München keinerlei Klarheit, wie sie sich einen Ukraine-Frieden vorstellen. Von Vizepräsident J.D. Vance dazu kein Wort. Auch nicht von Aussenminister Marco Rubio. Will man nichts sagen – oder weiss man gar noch nicht, was man will?
Der einflussreiche, aber wendehalsige republikanische Senator Lindsey Graham findet, man könne ja Putin androhen, die Ukraine automatisch in die Nato aufzunehmen, falls er ein Abkommen zwischen ihm und Trump verletze.
Die Ukraine braucht eine klare Perspektive in die Europäische Union und in die Nato.
Für EU-Aussenkommissarin Kaja Kallas wäre die beste und billigste Sicherheitsgarantie die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine. Gegenüber SRF pflichtet dem der deutsche CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter bei. «Die Ukraine braucht eine klare Perspektive in die Europäische Union und in die Nato.»
Kiesewetter kritisiert: «Die neue Trump-Administration behandelt die Ukraine als Spielkarte an einem Tisch, an dem nur Russland und die USA sitzen.»
Kein Gespräch zwischen Schweiz und USA
Es herrscht der Eindruck, als sei das Weisse Haus mässig interessiert am Dialog mit europäischen Regierungen. Die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter sagt am Rand der Sicherheitskonferenz: «Ich hätte selbstverständlich hier gerne ein Gespräch mit dem US-Vizepräsidenten gehabt. Aber ich war nicht die Einzige.» Von Gesprächspartnern habe sie gehört, dass im Moment kein Kontakt bestehe. Zu Trumps Friedensplan sagt sie: «Niemand weiss genau, was damit gemeint ist.»
Da verwundert es einigermassen, wenn Nato-Generalsekretär Mark Rutte sich optimistisch gibt. Zumindest er glaubt noch fest an die USA unter Trump als Stützpfeiler der Nato.
US-Vizepräsident empört mit Rede
Doch gerade Exponenten der US-Regierung greifen indes die europäischen Partner frontal an. J.D. Vance sieht kein Demokratieproblem in den USA, wohl aber in Europa. Noch nie bekam ein US-Vizepräsident in München so dünnen Applaus.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat Äusserungen von US-Vizepräsident J.D. Vance zugunsten der AfD scharf zurückgewiesen und sich jede Einmischung in den deutschen Wahlkampf verbeten. «Wir werden es nicht akzeptieren, wenn Aussenstehende in unsere Demokratie, in unsere Wahlen und in die demokratische Meinungsbildung eingreifen.»
Ähnlich äussert sich Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz. «Wir respektieren die Präsidentschaftswahlen und die Kongresswahlen in den USA und erwarten, dass die USA dies hier auch tun», sagt der CDU-Chef bei einer Podiumsdiskussion in München.
Zu sagen, zwischen Europa und den USA hänge der Haussegen schief, ist stark untertrieben.