- Fast 20 Jahre nach Beginn des internationalen Militäreinsatzes hat US-Präsident Joe Biden offiziell den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan bis zum 11. September angekündigt.
- Der Abzug solle am 1. Mai beginnen und im September abgeschlossen werden, sagte Biden im Weissen Haus.
- Damit geht auch der Einsatz der Nato in Afghanistan zu Ende wie die 30 Nato-Bündnisstaaten beschlossen haben.
- Für Afghanistan und seine 38 Millionen Menschen brechen wieder ungewisse Zeiten an.
Nach dem Entscheid der USA leitet auch die Nato das Ende ihres Einsatzes in Afghanistan am 1. Mai ein. Dieser Entscheid haben die Aussen- und Verteidigungsminister der 30 Staaten des Bündnisses am Abend in einer Videokonferenz gefällt. Es gebe in Afghanistan keine militärische Lösung.
US-Aussenminister Antony Blinken und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin waren dafür persönlich nach Brüssel gereist. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, die Entscheidung sei keine einfache, «und sie bringt Risiken mit sich.» Die Alternative zum Abzug hiesse, sich auf eine lange militärische Verpflichtung mit offenem Ende einzustellen. «Es liegt jetzt am afghanischen Volk, einen nachhaltigen Frieden aufzubauen.»
Aktuell sind noch etwa 10’000 Soldaten aus Nato-Staaten und Partnernationen in Afghanistan stationiert. Sie unterstützten dort die Regierung mit der Ausbildung und Beratung von Sicherheitskräften.
Biden will «Amerikas längsten Krieg beenden»
US-Präsident Joe Biden hat am Abend im Weissen Haus offiziell seinen Beschluss zum bereits angekündigten bedingungslosen Abzug aller US-Truppen aus Afghanistan bekannt gegeben.
«Es ist Zeit, Amerikas längsten Krieg zu beenden.» Es sei nicht möglich, die Militärpräsenz immer wieder in der Erwartung zu verlängern oder zu vergrössern, die «idealen Bedingungen» für einen Abzug zu schaffen.
Obwohl die USA in Afghanistan nicht weiter militärisch involviert sein werde, werde die diplomatische und humanitäre Arbeit weitergehen, sagte Biden. USA würden die Regierung, die Sicherheitskräfte und auch die Friedensverhandlungen mit den militant-islamistischen Taliban weiter unterstützen.
«Wir sind nach Afghanistan gegangen wegen eines schrecklichen Angriffs, der vor 20 Jahren geschah», sagte Biden. «Das kann nicht erklären, warum wir 2021 dort bleiben sollten.»
Hängende Köpfe und Ärger in Afghanistan
Der afghanische Präsident Aschraf Ghani äusserte sich nach einem Telefongespräch mit Biden zurückhaltend zum US-Rückzug. Die Islamische Republik Afghanistan respektiere die Entscheidung, twitterte er. Man werde mit den USA und der Nato an den laufenden Friedensbemühungen weiterarbeiten. Ghani versicherte gleichzeitig, dass die Sicherheitskräfte des Landes in der Lage seien, das Land und die Bevölkerung zu verteidigen.
In Afghanistan löste die Entscheidung dennoch Enttäuschung und Resignation aus. Ein Regierungsvertreter bei den Friedensgesprächen mit den Taliban in Doha, Katar, nannte den Beschluss das «Verantwortungsloseste und Egoistischste», was Amerika seinen afghanischen Partnern zufügen könne.
Die militant-islamistischen Taliban bestehen hingegen auf dem ursprünglich vereinbarten Termin für einen Rückzug bis zum 1. Mai. Sie hatten auch Angriffe gegen Nato-Truppen angedroht, sollte diese Frist nicht eingehalten werden. Als Reaktion auf die neuen Pläne der USA schlossen die Taliban eine Teilnahme an einer für Ende April geplanten Friedenskonferenz in Istanbul, Türkei, aus.