Patras und seine Frau Sara sind 2017 aus Pakistan geflüchtet. Doch nun fühlen sie sich wieder in die gleiche Situation zurückversetzt: «Wir wurden in Pakistan verfolgt, und jetzt werden wir auch hier wieder verfolgt», sagt Sara. Ihre richtigen Namen will das Ehepaar nicht bekannt geben, um die Angehörigen in Pakistan nicht zu gefährden. Vor zwei Jahren sind sie nach Sri Lanka geflohen. Sie wurden in Pakistan wegen Gotteslästerung angeschwärzt, denn Sara und Patras sind Christen.
Wir wurden in Pakistan verfolgt, und jetzt werden wir auch hier wieder verfolgt.
«Selbst bei einem gewöhnlichen Streit kommt es zu solchen Beschuldigungen», sagt Patras. Der Vorwurf der Gotteslästerung sei ein gängiges Mittel, um Christen in Pakistan zum Schweigen zu bringen. Oder zum Gehen. Seit den 1980er Jahren, als die noch von der Kolonialzeit bestehenden Blasphemie-Gesetze verschärft wurden, haben hunderttausende Christen das Land verlassen.
Ein bisschen Normalität
Als Flüchtlinge konnten sie in Sri Lanka zwar keiner Arbeit nachgehen, doch sie hatten eine eigene Wohnung in Negombo und eine Art Alltag. Ihr Leben in Sri Lanka sei besser gewesen als in Pakistan, sagt Sara. Als Frau fühlte sie sich hier frei – und sicher. Bis zu den Anschlägen.
Diese brachten den Horror zurück. Denn bereits einen Tag nach den Anschlägen zogen Mobs durch die Strassen von Negombo und vertrieben pakistanische und afghanische Flüchtlinge aus ihren Häusern.
«Wir wollen hier kein Pakistan»
Fünf Tage dauerte es, bis sie auch vor ihrem Haus standen, sagt Patras: «50 bis 70 Menschen standen auf der Strasse und riefen, wir sollen hier verschwinden.» Männer hämmerten an die Tür, dann ging alles ganz schnell: «Einer schlug mich ins Gesicht und hielt mich am Kragen, ein anderer schnippte mit den Fingern und sagte: Wir geben euch zehn Minuten, dann seid ihr weg hier», erzählt er weiter.
Wir mussten fliehen, weil wir Christen sind. Jetzt werden wir für die Anschläge auf Kirchen verantwortlich gemacht.
Die beiden hätten die Männer nie zuvor gesehen und wüssten auch nicht, warum diese ihr Haus gestürmt hätten. Offenbar sei den Männern auch nicht klar gewesen, dass sie Christen seien. Sie fragten, wer diese Terrorattacken ausgeführt habe. «Als ob ich das wüsste». Doch das sei ihnen egal gewesen. «Wir wollen hier kein Pakistan, riefen die Männer am Schluss», sagt Patras.
Ironie des Schicksals
Pakistan, das als Hort des internationalen Terrorismus gilt – eine willkommene Projektionsfläche in den Wirren nach den Anschlägen. Auch wenn es just jene traf, die vor genau diesem Regime in Pakistan geflohen sind. Ironisch sei das. Absurd: «Wir mussten fliehen, weil wir Christen sind. Jetzt werden wir für die Anschläge auf Kirchen verantwortlich gemacht.» Patras verwirft die Hände.
Rund 1000 Flüchtlinge wurden aus ihren Wohnungen in Negombo vertrieben. Patras und Sara fanden in Colombo einen Unterschlupf. Andere campen in einer Moschee oder auf dem Parkplatz der Polizeistation von Negombo. Sanitäre Einrichtungen gibt es nicht genügend. Trinkwasser liefern lokale Menschenrechtsorganisationen. Human Rights Watch hat einen Appell an die sri-lankische Regierung lanciert. Reagiert hat diese bisher nicht.