Frankreich begeht seinen Nationalfeiertag dieses Jahr unter ganz speziellen Vorzeichen. Nach den gewalttätigen Ausschreitungen der letzten Wochen haben mehrere Städte die Feiern aus Angst vor Unruhen abgesagt. In Paris sichern tausende Einsatzkräfte die traditionelle Militärparade auf den Champs-Élysées. SRF-Frankreich-Korrespondentin Mirjam Mathis ordnet ein.
Was ist an diesem 14. Juli anders?
Es gibt dieses Jahr ein aussergewöhnliches Sicherheitsdispositiv, mit gepanzerten Fahrzeugen, Helikoptern und Drohnen und insgesamt 130'000 Polizisten, Gendarmen und Feuerwehrmännern und -frauen im Einsatz. Auch sind zum ersten Mal mehrere Spezialeinheiten der Polizei im Einsatz, für den Fall, dass es zu Krawallen kommen sollte. Denn die Anspannung ist gross, vor allem, da der Nationalfeiertag traditionell ein Tag sei, an dem es zu mehr Ausschreitungen komme als an anderen Tagen, wie der Polizeipräfekt von Paris, Laurent Nuñez, am Donnerstag in einem Fernsehinterview erklärte.
Auswirkungen auf die Bevölkerung haben aber vor allem diverse Einschränkungen: Diese Woche sind der Kauf, Transport und die Benutzung von Feuerwerkskörpern im ganzen Land verboten, der Bus- und Tramverkehr ist ab 22 Uhr am Donnerstag und Freitag überall eingestellt, und verschiedene Gemeinden haben sogar die Festivitäten abgesagt, unter anderem aus Furcht vor Ausschreitungen. Wie immer fanden am Freitag in Paris aber die grosse Militärparade und am Abend das Feuerwerk statt.
Ist Ruhe eingekehrt nach den Protesten?
Nach den Protesten vor zwei Wochen hat sich die Situation seit etwa zehn Tagen insofern beruhigt, als es nur noch vereinzelt zu angezündeten Autos oder eingeschlagenen Scheiben gekommen ist. Das grosse Polizeiaufgebot und die rasche Antwort der Justiz, mit ad-hoc Prozessen für die Jugendlichen und ersten Gefängnisstrafen, hatten möglicherweise eine abschreckende Wirkung. Und dass der Polizist, der Nahel M. erschossen hat, seither in Untersuchungshaft ist, hatte wohl auch einen Einfluss.
Aber auch wenn das Feuer gelöscht ist, kann es jeden Moment wieder aufflammen, insbesondere dann, wenn durch Polizeigewalt erneut ein Vorstadt-Jugendlicher schwer verletzt oder gar getötet werden sollte. Denn die Beziehung zwischen der Polizei und den Jugendlichen ist stark zerrüttet. Wegen unverhältnismässiger Gewaltanwendung durch Ordnungshüter, auch im Rahmen der Demonstrationen gegen die Rentenreform, wurde Frankreich zum Beispiel von der UNO bereits mehrmals kritisiert.
Hinzu kommt die seit Jahrzehnten bestehende Problematik der französischen Banlieues mit ihren riesigen Siedlungen, in denen eine vorwiegend arme Bevölkerung mit Migrationshintergrund quasi in einer Parallelgesellschaft lebt. Solange diese Probleme nicht gelöst werden können, braucht es nur etwas Zündstoff, und die Situation eskaliert erneut.
Wie ist die Stimmung am Nationalfeiertag?
Bis am Freitagnachmittag gab es keine grösseren Ausschreitungen oder Krawalle, allerdings ist die Nervosität der Ordnungshüter in Paris zu spüren – und die Stimmung ist wohl auch in Teilen der Bevölkerung weniger ausgelassen als an anderen Nationalfeiertagen. Insgesamt reagieren aber viele Personen mit Verständnis darauf, dass dieses Jahr einiges anders ist als sonst.