- Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schliesst eine vom Linksbündnis gebildete Regierung aus – trotz dessen Siegs bei der vorgezogenen Parlamentswahl vor knapp zwei Monaten.
- Eine Regierung, die sich allein auf das Programm und die Parteien des Nouveau Front Populaire (NFP) stütze, würde in der Nationalversammlung direkt durch ein Misstrauensvotum gestürzt, hiess es in einem Schreiben des Élyséepalasts.
- Das Linksbündnis wurde bei der Parlamentswahl stärkste Kraft, hat aber keine absolute Mehrheit.
«Meine Verantwortung besteht darin, dass das Land weder blockiert noch geschwächt wird», teilte Macron mit. Der Präsident will nun mit weiteren Gesprächen einen Weg zu einer stabilen Regierung ausloten.
Bei der vorgezogenen Parlamentswahl war das Linksbündnis NFP auf Platz eins gelandet – vor Macrons Mitte-Kräften und den Rechtsnationalen um Le Pen. Eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung erhielt kein Lager. Die Regierungsbildung gestaltet sich daher schwierig.
NFP hatte immer wieder auf einen Regierungsanspruch gepocht. Schon am Dienstag will sich Macron erneut mit den Fraktions- und Parteivorsitzenden zusammensetzen. Sein Ziel ist eine möglichst breite und stabile Regierung. Am Freitag und am Montag hatte Macron sich mit Vertretern der Parteien zur Regierungsfindung getroffen.
Experte: Salomonische Lösung gefragt
Laut Arnaud Mercier, Politikwissenschafter an der Université Paris Assas, war die Auflösung der Nationalversammlung «ein Fehler». Denn in der neuen Zusammensetzung sei es noch schwieriger, einen Konsens zu finden und zu regieren. «Die Blockade könnte andauern, denn die Verfassung sieht vor, dass der Präsident das Parlament ein Jahr lang nicht mehr auflösen kann.»
In dieser vertrackten Situation könnte der Ausweg sein, ein Technokraten-Kabinett einzuberufen. Damit würde kein politisches Lager regieren und den Posten des Premierministers einnehmen.
Tatsächlich hat sich Emmanuel Macron in eine politische Sackgasse manövriert: Laut Gesetz muss am 1. Oktober der Haushaltsentwurf für 2025 vorliegen. Über diesen muss vorher in der Assemblée abgestimmt werden.
Politikwissenschafter Mercier glaubt indes an eine salomonische Lösung: «In dieser vertrackten Situation könnte der Ausweg sein, ein Technokraten-Kabinett einzuberufen. Damit würde kein politisches Lager regieren und den Posten des Premierministers einnehmen.»
Aber auch eine Technokraten-Regierung wäre nur eine zeitlich begrenzte Lösung. In einem Jahr würde es Experten zufolge wohl wahrscheinlich wieder zu Neuwahlen kommen. Emmanuel Macron ist in jedem Fall zum Handeln gezwungen: Die öffentliche Meinung könnte sich gegen ihn wenden und ihm die Schuld für diese institutionelle Krise geben.